OVG Saarland

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Zitieren als:
OVG Saarland, Beschluss vom 21.11.2005 - 2 W 29/05 - asyl.net: M7474
https://www.asyl.net/rsdb/M7474
Leitsatz:

Die Zweijahresfrist des § 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht des Ehegatten wird nicht in jedem Fall durch einen vorübergehenden Aufenthalt des Ehegatten ohne den Stammberechtigten in seinem Heimatland gehemmt.

 

Schlagwörter: eigenständiges Aufenthaltsrecht, Ehegatte, Aufenthaltserlaubnis, Verlängerung, eheliche Lebensgemeinschaft, Ehebestandszeit, Auslandsaufenthalt, Beschwerde, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AufenthG § 31 Abs. 1 Nr. 1; VwGO § 146 Abs. 4 S. 6
Auszüge:

Die Zweijahresfrist des § 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht des Ehegatten wird nicht in jedem Fall durch einen vorübergehenden Aufenthalt des Ehegatten ohne den Stammberechtigten in seinem Heimatland gehemmt.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Des ungeachtet ist mit dem Verwaltungsgericht im Ergebnis davon auszugehen, dass das Bestehen eines eheunabhängigen eigenen Aufenthaltsrechts nach Ehescheidung auf der Grundlage des insoweit nach Aktenlage einzig ernsthaft in Betracht zu ziehenden § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nach gegenwärtigem Erkenntnisstand (völlig) offen ist und sich daher eine verlässliche Aussage über den Ausgang des Hauptsacheverfahrens zum jetzigen Zeitpunkt nicht treffen lässt.

Zwar trifft es zu, dass der Bundesgesetzgeber mit der Verselbständigung des Aufenthaltsrechts des Ehegatten in § 31 AufenthG (früher: § 19 AuslG) nach dem Scheitern der Ehe unter den dort tatbestandlich genannten Voraussetzungen der Tatsache Rechnung tragen wollte, dass sich der Ausländer in dem berechtigten Vertrauen auf den Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft in der Bundesrepublik Deutschland integriert und sich in gleichem Maße von den Lebensverhältnissen seines Heimatlandes entfremdet hat (vgl. insoweit beispielsweise VGH Kassel, Beschluss vom 26.2.1997 - 3 TG 577/96 -, bei juris, unter Verweis auf die Veröffentlichungsstelle in FamRZ 1998, 615-616). Von daher mag es - bei isolierter Betrachtung - in der Tat merkwürdig erscheinen, bei der Berechnung der Dauer der tatsächlichen familiären Lebensgemeinschaft (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) längere, hier Monate währende Zeiträume zu berücksichtigen, die der Ausländer ohne den in Deutschland verbliebenen Ehepartner in seinem Heimatland zugebracht hat. Eine pauschale Aussage hinsichtlich der "Abzugsfähigkeit" solcher Zeiträume lässt sich hingegen nicht treffen und ginge insbesondere an der Lebenswirklichkeit vorbei. Für einen solchen Aufenthalt mag es unabhängig von der Dauer nachvollziehbare Motive und Gründe geben, wie beispielsweise den Urlaubswunsch oder den Wunsch, vielleicht sogar das Erfordernis eines Aufsuchens im Heimatland lebender Bekannter oder Verwandter, die es offensichtlich nicht rechtfertigen, von einer Unterbrechung der familiären Lebensgemeinschaft zu sprechen. Andererseits sind durchaus Fallgestaltungen denkbar, in denen ein derartiger längerer Auslandsaufenthalt Grund für die Annahme der Unterbrechung oder gar Vernichtung der "Integrationsphase" im Sinne des gesetzgeberischen Anliegens zu bieten vermag. Das wird in der Regel der Fall sein, wenn der Ausländer zu einem nicht nur vorübergehenden Zweck für einen längeren Zeitraum in das Heimatland zurückgekehrt ist, und zwar unter Umständen auch dann, wenn er ein Festhalten an der Ehe mit dem deutschen Partner beabsichtigt. Die in diesem Spannungsfeld angesiedelten zahlreichen Konstellationen lassen sich nicht abschließend abstrakt beschreiben und sind daher nur einer näheren Würdigung im Einzelfall zugänglich.