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LG Karlsruhe

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Zitieren als:
LG Karlsruhe, Beschluss vom 26.01.2006 - 11 T 37/06 - asyl.net: M7738
https://www.asyl.net/rsdb/M7738
Leitsatz:

Ein persönlich gestellter Asylfolgeantrag steht Abschiebungshaft nicht unbedingt entgegen.

 

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Sicherungshaft, unerlaubte Einreise, Ausreisepflicht, Vollziehbarkeit, Abschiebung, Asylantrag, Antragstellung als Asylgrund, Folgeantrag, Aufenthaltsgestattung, Entziehungsabsicht
Normen: AufenthG § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; AufenthG § 58 Abs. 2 Nr. 1; AufenthG § 14 Abs. 1 Nr. 2; AufenthG § 4; AufenthG § 11 Abs. 1; AsylVfG § 71 Abs. 5; AsylVfG § 71 Abs. 8; AufenthG § 62 Abs. 2 S. 3
Auszüge:

Ein persönlich gestellter Asylfolgeantrag steht Abschiebungshaft nicht unbedingt entgegen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Voraussetzungen für die Anordnung von Sicherungshaft liegen vor. Es besteht der Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Nach dieser Vorschrift ist ein Ausländer in Haft zu nehmen, wenn er aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist. Dies ist der Fall.

1. Der Betroffene ist gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig, da seine Einreise in das Bundesgebiet ohne den hierzu nach § 4 AufenthG erforderlichen Aufenthaltstitel unerlaubt war, § 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG.

Die Einreise das Betroffenen war im übrigen auch aufgrund seiner Abschiebung nach Georgien im Dezember 2002 unerlaubt, § 11 Abs. 1 AufenthG. Dass sich der Betroffene mit seiner Rückreise letztlich einverstanden zeigte und selbständig zum ihm bekannt gegebenen Abschiebungszeitpunkt nach Frankfurt am Main kam, ändert nichts daran, dass er im Sinne von § 11 Abs. 11 AufenthG abgeschoben wurde. Denn eine "freiwillige" Ausreise im Gegensatz zu einer Abschiebung liegt in diesem Sinne nur vor, wenn die Reise vom Ausländer selbst organisiert und durchgeführt wird (Renner, Ausländerrecht 8. Aufl., Rn. 9 zu § 58 AufenthG). Dies war vorliegend auch nach dem Vorbringen des Betroffenen nicht der Fall.

2. Durch die Stellung des Asylfolgeantrags hat sich daran nichts geändert. Anders als die Stellung des Erstantrags hat der Folgeantrag keine Aufenthaltsgestattung zur Folge (Renner, § 7 AsylVfG Rn. 15).

Auch die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht wird entgegen der Ansicht des Betroffenen durch den Folgeantrag nicht beseitigt. Dass es in diesem Fall zum Vollzug er Abschiebung gemäß § 71 Abs. 5 AsylVfG einer erneuten Androhung derselben bedarf, steht der Anordnung von Abschiebungshaft nicht entgegen. Die spezialgesetzliche Regelung in § 71 Abs. 8 AsylVfG, nach der ein Folgeantrag der Anordnung von Abschiebungshaft nicht entgegensteht, es sei denn, es wird ein weiteres Asylverfahren durchgeführt, hat zur Folge, dass der Asylfolgeantragsteller ungeachtet des Asylfolgeantrags im Hinblick auf die Anordnung von Abschiebungshaft vollziehbar ausreisepflichtig bleibt. Daher kann trotz des vorübergehenden Vollstreckungshindernisses im Falle des Asylfolgeantrags der Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vorliegen, solange nicht eine besondere Aufenthaltsberechtigung erteilt ist (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22.01.2001 - 11 W 7/01 -; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.08.2001 - 11 Wx 56/01 -; Beschluss vom 13.09.2004 - 11 Wx 111/04 -; ständige Rechtsprechung der Kammer, z.B. Beschluss vom 14.02.2005 - 11 T 51/05 -; Beschluss vom 28.11.2005 - 11 T 491/05 -; a.A.: OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.03.2002 - 5 W 40/02 -, allerdings zu der - inzwischen überholten - Bestimmung in § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG a.F., nach der es zum Vollzug der Abschiebung nach Ablauf einer Zweijahresfrist einer neuen Abschiebungsandrohung oder -anordnung bedurfte).

3. Der Betroffene hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will und deshalb gemäß § 62 Abs. 2 Satz 3 AufenthG von der Anordnung der Sicherungshaft nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG ausnahmsweise abgesehen werden kann.

Die Tatsache, dass der Betroffene seinen Antrag persönlich bei der zuständigen Behörde gestellt hat, genügt zur erforderlichen Überzeugungsbildung nicht, denn um sein Asylbegehren überhaupt mit Aussicht auf Erfolg betreiben zu können, bedarf es notwendiger Weise der persönlichen Mitwirkung des Antragstellers (vgl. insbesondere § 15 AsylVfG).