VG Karlsruhe

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Zitieren als:
VG Karlsruhe, Beschluss vom 04.01.2006 - 4 K 2142/05 - asyl.net: M7904
https://www.asyl.net/rsdb/M7904
Leitsatz:

Die Beurteilung der Beschäftigungsmöglichkeit und -notwendigkeit eines Ausländers obliegt ausschließlich der Bundesagentur für Arbeit; die Ausländerbehörde darf nicht prüfen, ob die Zustimmung der Bundesagentur zur Erwerbstätigkeit eines Ausländers zu Recht erfolgt ist.

 

Schlagwörter: Erwerbstätigkeit, Duldung, Zustimmung, Bundesagentur für Arbeit, Ausländerbehörde, Entscheidungszeitpunkt, Ermessen, Zuständigkeit
Normen: BeschVerfV § 10
Auszüge:

Die Beurteilung der Beschäftigungsmöglichkeit und -notwendigkeit eines Ausländers obliegt ausschließlich der Bundesagentur für Arbeit; die Ausländerbehörde darf nicht prüfen, ob die Zustimmung der Bundesagentur zur Erwerbstätigkeit eines Ausländers zu Recht erfolgt ist.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Nach § 166 VwGO i.V. mit §§ 114 - 127 ZPO besteht ein Anspruch auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, wenn ein Beteiligter die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Der Kläger, der serbisch-montenegrinischer Staatsangehöriger ist, begehrt die Zulassung zur Ausübung einer Beschäftigung.

Weiter kann geduldeten Ausländern mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit die Ausübung einer Beschäftigung nach § 10 BeschVerfV erlaubt werden, wenn sie sich seit einem Jahr erlaubt oder geduldet im Bundesgebiet aufgehalten haben. Die Erteilung einer Erlaubnis nach § 10 BeschVerfV liegt im Ermessen der Behörde ("... kann erlaubt werden"). Sie setzt allerdings die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit sowie die Duldung seit einem Jahr voraus. Letzteres ist beim Kläger unzweifelhaft der Fall. Eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit in Mannheim war zwar zunächst mit Schreiben vom 02.08.2005 unter Hinweis auf § 39 Abs. 2 Nr. 1 b AufenthG versagt worden, weil bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung stünden. Mit Schreiben vom 12.10.2005 an das Regierungspräsidium Karlsruhe hat die Bundesagentur für Arbeit in Mannheim jedoch erklärt, dass, wäre ihr bereits mit der Anfrage der Ausländerbehörde vom 25.07.2005 mitgeteilt worden, dass der Kläger mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet sei, ihm die Zustimmung zur Beschäftigung erteilt worden wäre.

Diese Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit wurde vom Beklagten nicht in der erforderlichen und rechtlich zutreffenden Weise berücksichtigt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei Verpflichtungsklagen, die auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung gerichtet sind, auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen, soweit es um die Frage geht, ob schon aus Rechtsgründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden muss oder keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden darf. Demgegenüber ist für die Überprüfung von Ermessensentscheidungen über Aufenthaltsgenehmigungen der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Behördenentscheidung maßgeblich (BVerwG, Beschl. v. 26.02.1997 - 1 B 5.97 -, Buchholz 402.240 § 45 AuslG 1990 Nr. 8; BVerwGE 89, 296; 94, 35; 98, 31; 98, 313). Nichts anderes kann im Hinblick auf die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis gelten, nachdem mit dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes das bisherige doppelte Genehmigungsverfahren (zunächst Aufenthaltsgenehmigung durch die Ausländerbehörde, dann Beantragung der Arbeitsgenehmigung beim Arbeitsamt) entfallen und an dessen Stelle ein Zustimmungsverfahren getreten ist, bei dem die Arbeitsverwaltung nur noch verwaltungsintern beteiligt wird. Vorliegend hat das Regierungspräsidium Karlsruhe die streitgegenständliche Ablehnungsentscheidung vom 25.08.2005 bereits auf Rechtsgründe gestützt, nämlich auf die fehlende Zustimmung der Bundesagentur, und ist nicht dazu gelangt, sein Ermessen auszuüben.

Damit ist dem Regierungspräsidium Karlsruhe durch § 10 BeschVerfV Ermessen eröffnet, das jedoch bislang nicht ausgeübt wurde, so dass die Entscheidung vom 25.08.2005 ermessensfehlerhaft ist.

Der Beklagte kann dem nicht entgegenhalten, § 7 BeschVerfV, auf den die Bundesagentur für Arbeit ihre Zustimmung zu stützen gedenkt, sei auf geduldete Ausländer wie den Kläger überhaupt nicht anwendbar. Die Beurteilung einer Beschäftigungsmöglichkeit oder -notwendigkeit für einen Ausländer obliegt ausschließlich der Arbeitsverwaltung. Die Ausländerbehörde hat nur die allgemeinen ausländerrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen und - gegebenenfalls - allgemeine Migrationsgesichtspunkte im Rahmen ihres Ermessens zu berücksichtigen (vgl. Storr/Wenger, Kommentar zum Zuwanderungsgesetz, § 18 AufenthG RdNr. 3). Die Prüfung, ob die Bundesagentur für Arbeit zu Recht, insbesondere gestützt auf die zutreffende Rechtsgrundlage, ihre Zustimmung erteilt oder - wie vorliegend - diese zumindest zugesichert hat, ist der Ausländerbehörde abgeschnitten. Diese ist vielmehr an die erteilte Zustimmung (oder deren Zusicherung) gebunden und darauf beschränkt, die sonstigen ausländerrechtlichen Gesichtspunkte zu prüfen.