Im Falle des Klägers sind zunächst die Voraussetzungen gegeben, unter denen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG auf seinen Folgeantrag hin erneut in die Prüfung von Asylgründen einzutreten ist. Denn jedenfalls bezogen auf den nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgebenden Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Klageverfahren ist eine Veränderung der Sachlage zu seinen Gunsten (§ 51 Abs. 1 1. Alternative VwVfG) gegenüber der Situation bei Abschluss des ersten Asylverfahrens festzustellen; ob - woran man in der Tat zweifeln kann -, dies bereits bei Ergehen des angefochtenen Bescheides der Fall war, ist nicht entscheidend. Durch die während der langen Dauer des gerichtlichen Verfahrens erheblich ausgeweitete und in nunmehr anderer Qualität ausgeübte journalistische Tätigkeit des Klägers im Bundesgebiet ist eine Situation entstanden, in der nach der Überzeugung des Gerichts zu befürchten ist, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr nach Syrien mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Opfer von Maßnahmen politischer Verfolgung werden würde. Er ist daher in Anwendung der oben dargelegten Maßstäbe als Asylberechtiger anzuerkennen.
Grundlage dieser Einschätzung sind die seit etwa Mitte 2003 erfolgten Auftritte des Klägers im Programm des kurdischen Fernsehsenders Roj-TV (zuvor: Medya-TV). Die Rolle des Klägers als Moderator beschränkte sich nicht nur darauf, den Gesprächspartnern Gelegenheit zur Äußerung zu geben, sondern er äußerte in diesen Gesprächen auch eigene Auffassungen zu den gerade behandelten Themen, wobei er die syrische Staatsführung wiederholt scharf angriff.
Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass die syrischen Sicherheitsdienste das Programm des Senders Roj-TV verfolgen und unter dem Gesichtspunkt sicherheitsrelevanter Informationen auswerten.
Hiernach ist davon auszugehen, dass der Kläger jedenfalls seit Mitte 2003 in das Blickfeld des syrischen Sicherheitsapparats gerückt ist. Bei seinen Fernsehauftritten handelt es nach Ihrer Art und Intensität inzwischen um eine herausgehobene, öffentlichkeitswirksame Betätigung, die sich deutlich von den Aktivitäten zahlreicher hier lebender syrischer Staatsangehöriger abhebt. Von Bedeutung ist hierbei insbesondere, dass sich die Wirkung der Tätigkeit des Klägers nicht auf den Kreis der im Exil lebenden Syrer beschränkt, sondern über das in Syrien zu verfolgende Fernsehprogramm im syrischen Inland wirkt und aus der Sicht des Repressionsapparats geeignet sein dürfte, die ohnehin gefährdete Stabilität der dort derzeit bestehenden Machtstrukturen zu beeinträchtigen, indem etwa die Forderungen der kurdischen Bevölkerungsgruppe nach größerer kultureller Eigenständigkeit oder in der Staatsangehörigkeitsfrage bestärkt werden oder indem allgemein das Verlangen nach einer Demokratisierung des Staatswesens und nach Beachtung der Menschenrechte gefördert wird.
Der Kläger muss daher im Falle einer Rückkehr nach Syrien mit Maßnahmen der staatlichen Organe rechnen. Wenngleich die Gefahr einer strafrechtlichen Verurteilung für das Gericht nicht einzuschätzen ist, so steht mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Kläger intensiven Befragungen unterzogen wird. Hierbei besteht in Syrien nach wie vor die Gefahr, physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt zu werden. Folter wird in Syrien weiterhin in erheblichen Ausmaß eingesetzt; sie dient der Erzwingung von Geständnissen, der Nennung von Kontaktpersonen und der Abschreckung (vgl. nur Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Arabischen Republik Syrien vom 14. Juli 2005).
Im Falle des Klägers lässt sich andererseits nicht feststellen, dass dieser ein Maß an Bekanntheit erreicht hätte, welches ihn - im Hinblick auf etwa in Ausland zu erwartende Reaktionen - vor massiven Übergriffen schützen könnte. Soweit bei prominenten Parteiführern oder im Ausland bekannten Persönlichkeiten die syrischen Sicherheitsorgane zurückhaltender vorgehen, dürfte dies dem Kläger nicht zugute kommen.