VG Schwerin

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Zitieren als:
VG Schwerin, Urteil vom 12.04.2006 - 7 A 259/05 As - asyl.net: M8141
https://www.asyl.net/rsdb/M8141
Leitsatz:
Schlagwörter: Irak, Jesiden, Gruppenverfolgung, religiös motivierte Verfolgung, nichtstaatliche Verfolgung, alleinstehende Frauen, geschlechtsspezifische Verfolgung, westliche Orientierung
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten zu der Feststellung, dass in ihrer Person ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegt.

Zwar besteht eine Gruppenverfolgung der Yeziden im Irak nach Überzeugung des Gerichts derzeit nicht. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Lage der religiösen Minderheiten im Irak zur Zeit als kritisch eingeschätzt wird (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht November 2005). Das Gericht vermag aber nicht den Schluss zu ziehen, dass der Klägerin allein aufgrund ihres yezidischen Glaubens mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ausgrenzende Verfolgung droht.

Die Klägerin - die, wie in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargestellt, im Irak völlig alleine und auf sich gestellt wäre - hat jedoch im Falle ihrer Rückkehr in den Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit aufgrund ihrer in der Bundesrepublik Deutschland angenommenen Lebenseinstellung und Lebensweise landesweit mit geschlechtsspezifischer Verfolgung zu rechnen. Das Gericht ist aufgrund des persönlichen Eindrucks, den die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hinterlassen hat, zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland die westlichen Lebensvorstellungen und die hiesige Lebensweise weitestgehend übernommen hat und ein entsprechendes Leben führt. Unter diesen Voraussetzungen hat die Klägerin als yezidische, nicht muslimische Frau und als eine Frau, die im Irak ohne familiären oder männlichen Schutz steht, jedoch mit Bedrohungen, Belästigungen sowie tätlichen Übergriffen auf ihre körperliche Unversehrtheit zu rechnen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 24. November 2005; UNHCR, aktualisierte Anmerkungen von UNHCR zur gegenwärtigen Situation von Frauen im Irak - November 2005, Europ. Zentrum für Kurd. Studien an VG München vom 26. Oktober 2005). Von staatlicher Seite hätte die Klägerin bei der Abwehr derartiger Übergriffe keinerlei Unterstützung zu erwarten (vgl. Lagebericht a.a.O.)