VG Göttingen

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Zitieren als:
VG Göttingen, Beschluss vom 09.05.2006 - 2 A 264/05 - asyl.net: M8318
https://www.asyl.net/rsdb/M8318
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), in Deutschland geborene Kinder, Ausreisehindernis, Schutz von Ehe und Familie, Verschulden, Staatenlose, Syrien
Normen: AufenthG § 33; AufenthG § 25 Abs. 5; GG Art. 6 Abs. 1
Auszüge:

Die Klage der Kläger vom 28. Juni 2005, mit der sie sich gegen den Bescheid des Beklagten vom 22. Juni 2005 wenden und die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen begehren, wird voraussichtlich Erfolg haben.

Für die in der Bundesrepublik Deutschland geborenen Kläger zu 3) und 4) ergibt sich dies schon aus § 33 AufenthG, den der Beklagte nicht berücksichtigt hat. Sowohl die Mutter als auch der Vater der Kläger besitzen Aufenthaltserlaubnisse, nachdem das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 19. Februar 2002 für sie ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK festgestellt hatte. Dass § 33 AufenthG wegen eines Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot verfassungswidrig ist (vgl. Beschluss des BVerfG vom 25.10.2005 - 2 BvR 524/01 -) spielt keine Rolle. Das Bundesverfassungsgericht geht zugunsten der Kinder, die ein Aufenthaltsrecht von der Mutter ableiten, für die Dauer einer bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Übergangsfrist davon aus, dass die Vorschrift einen Anspruch vermittelt.

Auch die in Syrien geborenen Kläger zu 1) und 2) haben entgegen der Ansicht des Beklagten voraussichtlich Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Dieser ergibt sich, da der Regelversagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegt, zwar nicht aus §§ 29 ff. AufenthG, wohl aber, anders als der Beklagte meint, aus § 25 Abs. 5 AufenthG. Dies erkennt dem Grunde nach auch der Beklagte, abgeleitet aus Art. 6 Abs. 1 GG, an. Wahrscheinlich zu Unrecht beruft er sich für die Versagung des Aufenthaltstitels jedoch auf § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG.

Dies wird den Klägern zu 1) und 2) nicht entgegengehalten werden können.

Zum einen schon deshalb nicht, weil das Ausreisehindernis, auf das sie sich berufen können aus Art. 6 Abs. 1 GG abgeleitet ist und der Beklagte von Verfassungs wegen nicht verlangen darf, dieses Hindernis zu beseitigen. Es ist schlechterdings auch nicht vorstellbar, wie dies geschehen sollte.

Soweit der Beklagte auf den Nachweis der Staatenlosigkeit abstellt und einen solchen von den Klägern verlangt, geht dies an § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG vorbei. Denn die Staatenlosigkeit ist nur ein weiterer tatsächlicher Grund dafür, warum die Ausreise der Kläger nicht möglich ist.

Unabhängig davon wird es ihnen nicht zuzumuten sein, derartige Anforderungen an den Nachweis ihrer Staatenlosigkeit, wie sie der Beklagte von ihnen verlangt, zu erfüllen. Sie selbst können derartige Anstrengungen als Minderjährige nicht unternehmen, sondern müssten sich durch ihre Eltern vertreten lassen. Denen ist die Kontaktaufnahme mit syrischen Behörden, die allein zur Bestätigung der Staatenlosigkeit in der Lage wären, indes nicht zumutbar. Dies ergibt sich aus den Feststellungen des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im Bescheid vom 19. Februar 2002. Den Eltern der Kläger droht danach - für den Beklagten und das Gericht bindend festgestellt - unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Falle ihrer Rückkehr nach Syrien.