SG Hildesheim

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Zitieren als:
SG Hildesheim, Beschluss vom 14.08.2006 - S 44 AY 25/06 ER - asyl.net: M8599
https://www.asyl.net/rsdb/M8599
Leitsatz:

Zeiten der Erwerbstätigkeit ohne Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG sind nicht auf die 36-Monats-Frist nach § 2 Abs. 1 AsylbLG anzurechnen.

 

Schlagwörter: D (A), Asylbewerberleistungsgesetz, 36-Monats-Frist, Erwerbstätigkeit, Gleichheitsgrundsatz
Normen: AsylbLG § 2 Abs. 1; GG Art. 3
Auszüge:

Zeiten der Erwerbstätigkeit ohne Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG sind nicht auf die 36-Monats-Frist nach § 2 Abs. 1 AsylbLG anzurechnen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ist abweichend von den §§ 3 - 7 AsylbLG das Zwölfte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII) auf Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und die Dauer des Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben.

Die Zeiten der Erwerbstätigkeit sind bei der Erfüllung der Frist von 36 Monaten des Leistungsbezugs nach § 3 AsylbLG nicht zu berücksichtigen. Sie fallen nicht unter das Tatbestandsmerkmal des § 2 AsylbLG "Leistungen nach § 3 AsylbLG", auch nicht im Wege der Auslegung, deren Grenze stets der Wortlaut der Norm ist.

Eine Verletzung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 GG ist gegenüber denjenigen Ausländern, die erst seit drei Jahren in Deutschland verweilen und nach dem Erhalt von Leistungen nach § 3 AsylbLG über einen Zeitraum von 36 Monaten erhöhte Leistungen beziehen, nicht ersichtlich.

Der Gesetzgeber setzt für den Erhalt erhöhter Leistungen nach § 2 AsylbLG den tatsächlichen Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG über einen Zeitraum von 36 Monaten und nicht nur einen bloßen Zeitablauf oder die Dauer der Leistungsberechtigung im Sinne des § 1 AsylbLG dem Grunde nach voraus. Dieser erhöhte Bezug von Leistungen "in besonderen Fällen" stellt gegenüber dem abgesenkten Leistungsbezug nach §§ 1, 3 AsylbLG die Ausnahme dar. Mit dem Bezug abgesenkter Leistungen soll der Anreiz gemindert werden, aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland zu kommen (vgl. BT-Drucksache 12/5008, 13). Wenngleich der abgesenkte Leistungsbezug insbesondere bei gerade eingereisten Personen diese Signalwirkung entfalten dürfte, gilt der Sinn und Zweck der Norm grundsätzlich auch bei schon langjährig in der BRD lebenden und womöglich erwerbstätigen Ausländern, die erst spät von staatlichen Sozialleistungen (wieder) abhängig werden.

Darüber hinaus kommt dem Gesetzgeber bei der Regelung der Leistungsverwaltung im Allgemeinen und für den in dem AsylbLG bezeichneten Personenkreis, die nicht über einen verfestigten Aufenthalt in der BRD verfügen, im Besonderen ein weitreichender Gestaltungsspielraum zu, den Bedarf an sozialer Integration in seiner Höhe zu bemessen (vgl. hierzu Nds. OVG, Beschluss vom 27. Juni 1997, Az.: 12 L 5709/96 - Juris) und an bestimmte Merkmale zu knüpfen.