Verpasst ein Asylantragsteller versehentlich seinen Anhörungstermin, bittet aber kurz darauf um einen neuen Termin, darf das Bundesamt den Asylantrag nicht nach Aktenlage ohne Anhörung ablehnen.
Verpasst ein Asylantragsteller versehentlich seinen Anhörungstermin, bittet aber kurz darauf um einen neuen Termin, darf das Bundesamt den Asylantrag nicht nach Aktenlage ohne Anhörung ablehnen.
(Leitsatz der Redaktion)
Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage gegen die in Ziffer 4 des Bescheides der Antragsgegnerin enthaltene Aufforderung zum Verlassen des Bundesgebietes binnen einer Frist von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung und die für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise angedrohte Abschiebung in seinen Herkunftsstaat oder in einen anderen Staat, in den der Antragsteller einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, anzuordnen, ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zulässig.
Der Antrag führt in der Sache zum Erfolg.
Offensichtlich unbegründet ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylVfG ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes offensichtlich nicht vorliegen, d. h. nach vollständiger Erforschung des Sachverhaltes an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und sich deshalb nach allgemeiner Rechtsauffassung die Ablehnung des Begehrens auf Anerkennung als Asylberechtigter geradezu aufdrängt (vgl. hierzu auch BVerfG, Beschluss vom 28. April 1994 - 2 BvR 2709/93 -, DVBl 1994, S. 921).
Im Verfahren des Antragstellers fehlt es indessen bislang an einer vollständigen Erforschung des Sachverhaltes. Insoweit erscheint es bereits fraglich, ob die Antragsgegnerin berechtigt war, gemäß § 25 Abs. 4 Satz 5 AsylVfG nach Aktenlage unter Berücksichtigung der Nichtmitwirkung des Antragstellers über den Asylantrag zu entscheiden, nachdem der Antragsteller zwar zur persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt nicht erschienen ist, aber am darauf folgenden Tag beim Bundesamt mit dem Hinweis, dass er den Termin verwechselt habe, um einen neuen Anhörungstermin gebeten hat und ihm der ablehnende Bescheid der Antragsgegnerin erst fünf Tage später ausgehändigt wurde, so dass viel dafür spricht, dass die Antragsgegnerin gehalten gewesen wäre, dem Antragsteller einen neuen Termin zu seiner persönlichen Anhörung einzuräumen. Wenn auch ein derartiger Verfahrensfehler - für sich betrachtet - möglicherweise die Offensichtlichkeitsentscheidung der Antragsgegnerin noch nicht als fehlerhaft erscheinen lässt, ist ferner zu berücksichtigen, dass die zur Begründung der in der Hauptsache erhobenen Klage vorgebrachten Gründe, die der Antragsteller als Ursache für das Verlassen des Jemen nennt, nicht von vornherein zumindest das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 1 AufenthG als völlig ausgeschlossen erscheinen lassen.
Hinzu kommt, dass ungeachtet der Erfolgsaussichten des eigentlichen Asylbegehrens, jedenfalls ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung insoweit bestehen, als in der Abschiebungsandrohung Somalia nicht als ein Staat bezeichnet wurde, in den der Antragsteller nicht abgeschoben werden darf.
§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK verbietet die Abschiebung in ein Land, wenn in ihm landesweit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung durch den Staat, durch staatsähnliche Organisation oder zwar durch Dritte droht, darin aber der Staat, staatsähnliche Organisationen oder internationale Organisationen nicht willens oder in der Lage sind, Schutz zu bieten. In Somalia existiert zwar derzeit keine zu unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung i.S.v. Art. 3 EMRK fähige staatliche oder staatsähnliche Herrschaftsgewalt. Allerdings ist die allgemeine Menschenrechtssituation extrem schlecht, nach Somalia zurückkehrende Personen, die nicht über familiäre Bindungen verfügen, haben kaum Überlebenschancen und können bei keinen Organisationen um Schutz nachsuchen (vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Somalia vom 7. Februar 2006 - 508-516/3.SOM).