Gewährt die Behörde Leistungen nach dem AsylbLG für einen nicht näher bestimmten Zeitraum, handelt es sich hierbei um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; kürzt die Behörde später die Leistungen, stellt dies einen Eingriffsakt dar; hiergegen erhobene Rechtsmittel (Widerspruch, Anfechtungsklage) haben nach § 86 a Abs. 1 S. 1 SGG aufschiebende Wirkung.
Gewährt die Behörde Leistungen nach dem AsylbLG für einen nicht näher bestimmten Zeitraum, handelt es sich hierbei um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; kürzt die Behörde später die Leistungen, stellt dies einen Eingriffsakt dar; hiergegen erhobene Rechtsmittel (Widerspruch, Anfechtungsklage) haben nach § 86 a Abs. 1 S. 1 SGG aufschiebende Wirkung.
(Leitsatz der Redaktion)
Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist teilweise begründet.
Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers war dahingehend auszulegen, dass zunächst beantragt ist, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruches vom 01. Juni 2006 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 24. Mai 2006 festzustellen und - darüber hinaus - den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab dem 01. Juni 2006 Leistungen nach § 3 AsylbLG zu gewähren.
Gemäß § 123 SGG, der im Beschwerdeverfahren entsprechend anwendbar ist (Meyer-Ladewig in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG. 8. Aufl., Vor § 172, Anm. 4), ist das Gericht nicht an die Anträge des Beschwerdeführers gebunden. Vielmehr muss ein Antrag hinsichtlich der Sachdienlichkeit ausgelegt werden. Dabei ist davon auszugehen, was mit dem Rechtsbehelf gewollt ist: Anzunehmen ist dabei, dass ein Antragsteller alles zugesprochen haben möchte, was ihm aufgrund eines Sachverhaltes zustehen kann (vgl. Meyer-Ladewig a.a.O., § 123 Anm. 3).
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller nämlich mit dem bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 01. Oktober 2004 Leistungen nach dem AsylbLG in Höhe von 161,37 Euro monatlich gewährt. Mit dem Bescheid vom 24. Mai 2006 sind dem Antragsteller Leistungen ab 01. Juni 2006 entzogen worden. Zutreffende Klageart gegen diese Regelung ist in der Hauptsache die Anfechtungsklage, die entsprechend § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung hat. In entsprechender Anwendung des § 86 b Abs. 1 SGG kann das Gericht auf Antrag durch Beschluss aussprechen, dass ein Widerspruch oder eine Klage aufschiebende Wirkung hat, wenn zweifelhaft ist, ob eine aufschiebende Wirkung eingetreten ist (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86 b Anm. 15).
Zwar sind, worauf der Antragsgegner zutreffend hinweist, Leistungen nach dem AsylbLG keine rentengleichen Dauerleistungen, sondern Hilfen in einer bestimmten Notsituation (vgl. zu den Leistungen nach dem BSHG: Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Urteil vom 30. November 1966, Vc 29.66, BVerwGE 25, 307; Urteil vom 15. November 1967, Vc 71.67, BVerwGE 28, 216). Leistungen werden grundsätzlich in Abhängigkeit von der Bedarfssituation nur für die nächstliegende Zeit bewilligt. Dies gilt auch für Leistungen nach dem AsylbLG. Grundsätzlich entscheidet daher der Träger der Leistungen nach dem AsylbLG in zulässiger Weise über den nächstliegenden Zahlungszeitraum. Die Einstellung oder Verringerung der Hilfen stellt daher in der Regel auch keinen Widerruf, keine Rücknahme oder Aufhebung eines fortwirkenden (Dauer-)Bewilligungsbescheides dar, sondern die Versagung einer weiteren Bewilligung für die Zukunft.
Steht der Grundsatz der Nothilfeleistung nicht negativen Vorabentscheidungen für den zukünftigen Leistungsbezug mit Dauerwirkung über den nächstliegenden Zahlungszeitraum hinaus entgegen (BVerwG, Urteil vom 14. Juli 1998. Az.: 5 C 2/97, zitiert nach juris), galt auch schon für die Leistungsgewährung nach dem BSHG, dass der Sozialhilfeträger nicht gehindert ist, einen Sozialhilfefall auch für einen längeren Zeitraum zu regeln (BVerwG, Urteil vom 19.01.1972, Az.: V C 10.71. BVerwGE 39, 261, 265, BVerwG, Urteil vom 26.09.1991, Az.: 5 C 14/87, zitiert nach juris). Trifft er in einem Sozialhilfefall eine Regelung zur Höhe der Leistung nicht für den nächstliegenden Zeitraum, sondern darüber hinaus für einen längeren Zeitraum, muss sich der Sozialhilfeträger daran festhalten lassen. Änderungen greifen dann in eine zuerkannte (Dauer-)Leistung ein. Die Vornahme von Änderungen im Leistungsbezug hat dann nach den weiteren Regeln des Sozialverwaltungsverfahrens über die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung (§§ 44 ff. Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X -) zu erfolgen.
Der Antragsgegner hat im vorliegenden Fall, nachdem er zunächst monatsweise Leistungen gewährt hat, dem Antragsteller mit Verwaltungsakt vom 01. Oktober 2004 Leistungen nach dem AsylbLG ab 15. Januar 2001 bis auf weiteres ab 01. Oktober 2004 und damit nicht nur für den nächstliegenden Zeitraum, sondern darüber hinaus für einen nicht näher bestimmten Zeitraum gewährt. Erstmals mit Bescheid vom 23. März 2006 hat der Antragsgegner die mit Bescheid vom 01. Oktober 2004 gewährten Leistungen um 50 v. H. für die Zeit ab 01. April 2006 (damit wieder über den nächstliegenden Zeitraum hinaus) gekürzt. Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller keinen Widerspruch eingelegt, so dass die Regelung bestandskräftig nach § 77 SGG geworden ist. Mit dem Bescheid vom 24. Mai 2006 hat der Antragsgegner nunmehr die mit dem Bescheid vom 01. Oktober 2004 gewährten Leistungen gänzlich entzogen. Damit wurde nicht eine Veränderung in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers berücksichtigt. Der Antragsgegner hat vielmehr die mit begünstigendem Verwaltungsakt vom 01. Oktober 2004 in der Fassung des Bescheides vom 21. März 2006 zuerkannten Leistungen wegen der angenommenen mangelnden Mitwirkung entzogen. Der hiergegen vom Antragsteller erhobene Widerspruch hat damit aufschiebende Wirkung. Diese Wirkung ist nicht nach § 86 a Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 SGG ausgeschlossen. Dies war festzustellen, da der Antragsgegner den Suspensiveffekt bestreitet. Zugleich war, da der Antragsgegner die eingetretene aufschiebende Wirkung des gegen die Aufhebung des begünstigenden vollziehbaren Bescheides gerichteten Widerspruchs nicht beachtet, der Antragsgegner in analoger Anwendung des § 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG vorläufig zu verpflichten, den Bescheid vom 01. Oktober 2004, geändert durch Bescheid vom 23. März 2006, zu vollziehen (vgl. Kopp, VwGO, 14. Aufl. § 80 Anm. 181).
Darüber hinaus ist die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin unbegründet.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Dies folgt daraus, dass der Antragsgegner mit den Bescheiden vom 01. Oktober 2004 und 23. März 2006 die Leistungsansprüche des Antragstellers bestandskräftig festgestellt hat. Damit ist der Leistungsbezug des Antragstellers geregelt, solange der Antragsgegner nicht auf Antrag eine Neuregelung trifft oder einen diesbezüglichen Antrag ablehnt.