In Armenien ist keine kostenlose medizinische Versorgung zugänglich.
In Armenien ist keine kostenlose medizinische Versorgung zugänglich.
(Leitsatz der Redaktion)
Die zulässige, auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG beschränkte Klage ist begründet.
Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann sich im Einzelfall auch daraus ergeben, dass ein Ausländer wegen einer schweren Erkrankung eines Medikamentes bedarf, welches im Zielstaat nicht im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens in Apotheken erhältlich ist, sondern aus dem Ausland mit hohem Kostenaufwand beschafft werden muss, wenn der Betroffene aus persönlichen Gründen nicht in der Lage ist, den damit verbundenen finanziellen und organisatorischen Aufwand zu leisten (Hess. VGH, Urteil vom 24.06.2003 - 7 UE 3606/99.A - in AuAS 2004, 20; im Anschluss an BVerwG in DVBl. 2003, 463).
Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass eine Rückkehr nach Armenien für den Kläger eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben bedeuten würde. Er ist, wie sich insbesondere aus der ärztlichen Aufstellung über die von ihm benötigen Medikamente ergibt (Aufstellung vom 31.07.06 nach Dr. ..., Bl. 53 f. der Akte), auf insgesamt 16 verschiedene Medikamente lebensnotwenig angewiesen. Der Gesamtpreis sämtlicher Medikamente beläuft sich auf 1.934,86 Euro (Apothekenabgabepreise in Deutschland).
Zwar ergibt sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Erkenntnisquellen, dass die beim Kläger vorliegende Grunderkrankung (Mittelmeerfieber) grundsätzlich auch in Armenien ausreichend behandelt werden kann (Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Eriwan an Bundesamt vom 10.04.2003). Schließlich heißt es in einer anderen Auskunft, dass die medizinische Behandlung von Dialyse-Patienten ebenfalls grundsätzlich gewährleistet sei und notwendige Medikamente bezogen werden könnten (Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Eriwan an Bundesamt vom 27.02.2003). Die Dialyse erfolgt nach dem armenischen Gesetz über die kostenlose medizinische Versorgung im staatlichen Auftrag auch grundsätzlich kostenlos. Allerdings hat das Auswärtige Amt immer wieder darauf hingewiesen, dass es in Armenien zur gängigen Praxis geworden sei, Eigentum bzw. Sachwerte zu verkaufen, um die notwendigen Kosten für eine medizinische Weiterbehandlung begleichen zu können. Mithin ist davon auszugehen, dass der Anspruch des Klägers auf kostenfreie Behandlung in Armenien in der Praxis nicht durchsetzbar ist; er wird die für ihn lebensnotwendigen Medikamente in Armenien nur gegen Bezahlung erhalten können.
Die informatorische Anhörung des Klägers hat jedoch ergeben, dass er über keinerlei Vermögenswerte verfügt.
Nach alledem steht fest, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Armenien aus finanziellen Gründen in die Gefahr geraten würde, die medizinische Behandlung nicht in dem notwendigen Umfang fortsetzen zu können; das hätte jedoch zwangsläufig einen lebensbedrohlichen Zustand zur Folge. Damit aber sind die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllt.