VG Osnabrück

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Zitieren als:
VG Osnabrück, Beschluss vom 18.09.2006 - 5 B 116/06 - asyl.net: M9281
https://www.asyl.net/rsdb/M9281
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Passbeschaffung, Passersatzbeschaffung, Mitwirkungspflichten, Zwangsvorführung, Sammelvorführung, Delegation, Auslandsvertretung, sofortige Vollziehung, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Suspensiveffekt, Begründung
Normen: AufenthG § 80 Abs. 4; VwGO § 80 Abs. 5; VwGO § 80 Abs. 3
Auszüge:

Der Antrag ist unbegründet.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung entspricht in formeller Hinsicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Insbesondere hat die Antragsgegnerin in dem angefochtenen Bescheid das über das allgemeine Vollzugsinteresse hinausgehende besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung der Anordnung zur Teilnahme an der Sammelvorführung in H. nachvollziehbar und auf den konkreten Fall bezogen dargelegt und im Wesentlichen mit dem Interesse der Allgemeinheit an der baldigen Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland begründet.

Die Anordnung des Sofortvollzugs ist auch sachlich nicht zu beanstanden, weil sich die von der Antragstellerin angegriffene Anordnung bei summarischer Überprüfung als offensichtlich rechtmäßig und ihr Vollzug als eilbedürftig erweist.

Die Anordnung der Antragsgegnerin erweist sich nicht bereits deshalb als rechtswidrig, weil diese ihre Verfügungen lediglich auf §§ 49 Abs. 2 und 8, 48 Abs. 3 AufenthG und nicht (zusätzlich) auf § 82 Abs. 4 AufenthG gestützt hat. In der Rechtsprechung ist nämlich anerkannt, dass allein die Nennung einer falschen oder unvollständigen Rechtsgrundlage nicht dazu führt, dass der Verwaltungsakt dadurch insgesamt rechtswidrig wird, solange die tatbestandlichen Voraussetzungen der einschlägigen Rechtsgrundlage gegeben sind. Der Rechtsschutzsuchende hat nämlich auch keinen Anspruch auf das Zitat der einschlägigen Rechtsgrundlage selbst (VG Osnabrück, Urteil vom 15.11.2005, 1 A 88/05, m.w.N.).

Gemäß § 82 Abs. 4 AufenthG kann, soweit es zur Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen nach dem AufenthG und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen erforderlich ist, angeordnet werden, dass ein Ausländer bei der zuständigen Behörde sowie den Vertretungen des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich erscheint sowie eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Reisefähigkeit durchgeführt wird. Kommt der Ausländer einer Anordnung nach Satz 1 nicht nach, kann sie zwangsweise durchgesetzt werden. § 40 Abs. 1 und 2, die §§ 41, 42 Abs. 1 und 3 des Bundespolizeigesetzes finden entsprechende Anwendung.

Diese Voraussetzungen liegen bei summarischer Prüfung vor. Die Teilnahme des Antragstellers an der heutigen Sammelvorführung in H. ist erforderlich, um dessen Identität zu klären und somit die Beschaffung von Passersatzpapieren zu ermöglichen. Soweit der Antragsteller moniert, dass die Sammelvorführung nicht in den Räumlichkeiten der armenischen Botschaft stattfindet und ihm die Namen der anwesenden armenischen Behördenvertreter nicht zuvor bekannt gegeben wurden, folgt hieraus kein anderer Befund. Nach der Rechtsprechung der Kammer hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Vorführung in den Räumlichkeiten der armenischen Auslandsvertretung und auf Bekanntgabe der Namen der anwesenden Vertreter seines Heimatstaates. Die Kammer hat hierzu in ihrem Beschluss vom 29. März 2006, 5 B 72/06, ausgeführt:

"§ 82 Abs. 4 AufenthG ist nach Auffassung der Kammer nicht zu entnehmen, dass das persönliche Erscheinen des Ausländers in der Auslandsvertretung seines Heimatstaates erfolgen muss. Dies folgt schon aus der Formulierung des § 82 Abs. 4 AufenthG, wonach der Ausländer "bei" der zuständigen Behörde sowie den Vertretungen des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen hat. In der Rechtsprechung ist dies bislang stets dahingehend ausgelegt worden, dass § 82 Abs. 4 AufenthG bzw. die wortgleiche Vorgängerregelung des § 70 Abs. 4 AuslG das persönliche Erscheinen vor Vertretern ausländischer Behörden rechtfertigt, und zwar auch zu Außenterminen der Botschafts- bzw. Konsularvertretern (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 28.01.2002, 2 Bs 381/01). Die gegenteilige Auffassung erscheint auch bereits deshalb nicht überzeugend, weil insbesondere bei kleineren Staaten die Räumlichkeiten der Auslandsvertretung für die Durchführung von Vorführungen und Anhörungen nicht immer geeignet sind. Wenn sich die Mitarbeiter der Auslandsvertretung daher auf Ersuchen einer oder mehrerer Ausländerbehörden bereit finden, derartige Anhörungen gem. § 82 Abs. 4 AufenthG außerhalb der Räumlichkeiten der Auslandsvertretung durchzuführen, begegnet das keinen rechtlichen Bedenken.

Entsprechendes gilt, soweit dem Ausländer die Namen der anhörenden Personen der Auslandsvertretungen nicht mitgeteilt werden. Eine diesbezügliche Verpflichtung enthält § 82 Abs. 4 AufenthG nicht. Sie erscheint auch bereits deshalb entbehrlich, weil es im Interesse der Ausländerbehörde liegt, Vorführungen nur bei dem Personal der entsprechenden Auslandsvertretung vorzunehmen, das sachlich dazu befugt ist. Einen Rechtsanspruch des Ausländers auf Bekanntgabe der Namen des hinzugezogenen Personals der Auslandsvertretungen gibt es nicht. Die Antragstellerin verkennt im Übrigen, dass die zwangsweise angedrohte Vorführung nur für den Fall erfolgen soll, wenn die Antragstellerin nicht freiwillig ihrer Mitwirkungspflicht gem. § 82 Abs. 4 AufenthG nachkommt."

An dieser Rechtsprechung hält die Kammer auch im vorliegenden Fall fest, sodass der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung keinen Erfolg haben kann.