OVG Hamburg

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Zitieren als:
OVG Hamburg, Beschluss vom 26.10.2006 - 3 Bs 118/06 - asyl.net: M9358
https://www.asyl.net/rsdb/M9358
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Duldung, illegale Einreise, länderübergreifende Verteilung, Verteilung, zwingende Gründe, Schwangerschaft, Erledigung der Hauptsache, Kosten
Normen: AufenthG § 15a Abs. 4 S. 1; AufenthG § 15a Abs. 1 S. 6; VwGO § 161 Abs. 2
Auszüge:

Zugleich ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten des Verfahrens (erster und zweiter Instanz) unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen eine einheitliche Kostenentscheidung zu treffen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Antragsgegnerin entsprechend dem insoweit bestehen gebliebenen Teil des Beschlusses des Verwaltungsgerichts von den Verfahrenskosten der ersten Instanz zumindest ein Drittel zu tragen hat. Billigem Ermessen entspricht es hier, der Antragsgegnerin nach dem Grundsatz des § 154 Abs. 1 VwGO auch die übrigen Verfahrenskosten aufzuerlegen. Denn sie hat der Antragstellerin eine Aufenthaltserlaubnis erteilt und ist damit von ihrer angefochtenen Aufforderung an die Antragsgegnerin vom 23. Februar 2006/24. April 2006, sich bis zum 24. Februar 2006 bzw. 24. Mai 2006 zur Aufnahmeeinrichtung in Zirndorf zu begeben (§ 15 a Abs. 4 Satz 1 AufenthG), konkludent abgerückt.

Die Antragstellerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Vorschrift des § 15 a Abs. 1 Satz 6 AufenthG der oben genannten Aufforderung entgegengestanden haben dürfte. Danach ist zwingenden Gründen, die der Verteilung an einen bestimmten Ort entgegenstehen und die vom betreffenden Ausländer vor Veranlassung der Verteilung nachgewiesen worden sind, bei der Verteilung Rechnung zu tragen. Die Antragstellerin hat vor Veranlassung der Verteilung nachgewiesen, dass sie schwanger war und unmittelbar vor der Entbindung stand. Viel spricht dafür, dass es für die Antragstellerin unter diesen Umständen nicht zumutbar war, sich vor und auch noch eine gewisse Zeit nach der Entbindung nach Zirndorf (Bayern) in ein neues Lebensumfeld zu begeben. In einem derartigen Fall dürften bereits die Veranlassung der Verteilung in ein anderes Bundesland (vgl. in diesem Zusammenhang § 15 a Abs. 2 Satz 2 AufenthG) und insbesondere die hier strittige entsprechende Aufforderung gemäß § 15 a Abs. 4 Satz 1 AufenthG, sich in dieses andere Bundesland zu begeben, rechtswidrig sein. Denn die Rechtmäßigkeit einer länderübergreifenden Verteilung nach § 15 a AufenthG dürfte voraussetzen, dass die Aufforderung, sich in das betreffende andere Bundesland zu begeben, sofort erfüllt werden kann. Dies dürfte sich aus § 15 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG ergeben, wonach über die Erteilung einer Duldung oder eines Aufenthaltstitels erst nach der länderübergreifenden Verteilung zu entscheiden ist. Dies bedeutet, dass die Ausländerbehörde des Aufenthaltsorts dann, wenn eine länderübergreifende Verteilung durchgeführt wird, weder die Abschiebung aussetzen noch einen Aufenthaltstitel erteilen darf (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage 2005, § 15 a AufenthG Rdnr. 3). Da jedenfalls über die Aussetzung der Abschiebung unverzüglich zu entscheiden ist, dürfte eine Aufforderung gemäß § 15 a Abs. 4 Satz 1 AufenthG, sich in ein anderes Bundesland zu begeben, die wegen des Vorliegens zwingender Gründe im Sinne des § 15 a Abs. 1 Satz 6 AufenthG nicht sofort umgesetzt werden kann, den gesetzlichen Vorstellungen widersprechen und rechtswidrig sein.