VG Düsseldorf

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Zitieren als:
VG Düsseldorf, Beschluss vom 20.02.2007 - 20 L 2414/06.A - asyl.net: M9622
https://www.asyl.net/rsdb/M9622
Leitsatz:
Schlagwörter: Verfahrensrecht, Antragsfiktion, Kinder, in Deutschland geborene Kinder, Rückwirkung, Zuwanderungsgesetz, Altfälle, Ablehnungsbescheid, offensichtlich unbegründet, Rechtsgrundlage, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AsylVfG § 14a Abs. 2; AsylVfG § 30 Abs. 3 Nr. 7; AsylVfG § 30 Abs. 3 Nr. 1; AsylVfG § 30 Abs. 1; AsylVfG § 36 Abs. 4; VwGO § 80 Abs. 7
Auszüge:

Gemäß § 80 Abs. 7 Satz. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben, um einer nachträglich anderen Beurteilung Rechnung zu tragen.

Die Antragstellerin macht veränderte Umstände geltend, indem sie sich auf die nachträglich bekannt gewordene Begründung des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. November 2006 - BVerwG 1 C 10.06 - beruft. Mit dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht entgegen der dem Beschluss des Gerichts vom 08.12.2006 zugrunde liegenden Auffassung entschieden, dass und warum § 14 a Abs. 2 AsylVfG auch für vor dem 1. Januar 2005 in Deutschland geborene Kinder gilt. Es hat zudem geklärt, dass und warum ein nach § 14 a Abs. 2 AsylVfG als gestellt geltender Asylantrag nicht nach § 30 Abs. 3 Nr. 7 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden kann. Somit ist für den vorliegenden Fall nunmehr einmal geklärt, dass das Bundesamt auch im Fall der Antragstellerin von einem als gestellt geltenden Asylantrag ausgehen und hierüber entscheiden durfte. Gleichzeitig steht nunmehr aber auch fest, dass es die Ablehnung des Asylantrags der Antragstellerin als offensichtlich unbegründet in seinem Bescheid vom 19.10.2006 nicht auf § 30 Abs. 3 Nr. 7 AsylVfG stützen durfte. Eine andere, grundsätzlich mögliche Begründung der Offensichtlichkeit, etwa nach § 30 Abs. 1 AsylVfG (dazu, dass das Bundesamt hierzu auch im Falle des § 14 a Abs. 2 AsylVfG befugt ist, vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. November 2006 - BVerwG 1 C 10.06 -) hat das Bundesamt nicht gegeben. Wie aus § 36 Abs. 4 AsylVfG folgt, beschränkt sich die gerichtliche Prüfungskompetenz des Gerichts grundsätzlich auf die Kontrolle der seitens des Bundesamtes getroffenen Offensichtlichkeitsentscheidung. Ob diese Kontrollfunktion eine Prüfung der anderen Fallgruppen des § 30 Abs. 3 AsylVfG zulässt, bei deren Vorliegen das Bundesamt verpflichtet wäre, das Asylbegehren als offensichtlich unbegründet abzulehnen (vgl VG Düsseldorf, Beschluss vom 11. August 2003 - 20 L 2671/03.A - m.N.), kann vorliegend offen bleiben, denn hier liegt kein anderer in § 30 Abs. 3 AsylVfG geregelter Fall vor. Das gilt namentlich auch für § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG.

Hiervon kann aber im vorliegenden Fall schon deswegen nicht die Rede sein, weil das Asylverfahren gemäß § 14a AsylVfG auf die Anzeige der Ausländerbehörde eingeleitet worden ist und sich die Antragstellerin auf den (bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vertretbaren) Standpunkt gestellt hat, das Bundesamt sei in ihrem Falle zur Durchführung eines Asylverfahrens mangels eines gültigen Antrages nicht berechtigt.

An der im Beschluss vom 08.12.2006 vertretenen Auffassung, wonach der Eilantrag gleichwohl mit der Begründung abgelehnt werden durfte, das Asylbegehren sei im Sinne von § 30 Abs. 1 AsylVfG in der Sache offensichtlich aussichtslos, obwohl das Bundesamt seine Entscheidung gerade nicht auf diese Vorschrift gestützt hat, hält das Gericht nach erneuter Prüfung für das Eilverfahren nicht mehr fest. Einem derartigen "Durchentscheiden" könnte entgegenstehen, dass das Bundesamt durch die Heraufstufung des Asylbegehrens nach § 30 Abs. 3 AsylVfG zugleich verbindlich für das Eilverfahren die Einschätzung vorgenommen haben könnte, dass das Asylbegehren nicht in der Sache als offensichtlich unbegründet anzusehen ist und das Gericht somit dessen Einschätzung über den in § 36 Abs. 4 AsylVfG vorgegebenen Prüfungsmaßstab hinaus nachträglich unzulassigerweise korrigieren würde (so jedenfalls VG Darmstadt, Beschluss vom 19. August 1999 a.a.O.; VG Frankfurt. Beschluss vom 5 Februar 1999 a.a.O.; GK-AsylVfG § 30 Rdnr. 48.1 und 163).