VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Urteil vom 16.02.2007 - AN 18 K 06.30740 - asyl.net: M9749
https://www.asyl.net/rsdb/M9749
Leitsatz:
Schlagwörter: Eritrea, Oppositionelle, Regimegegner, exilpolitische Betätigung, EDP, Eritrean Democratic Party, Mitglieder
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch darauf zu, dass in seinem Falle das Verbot einer Abschiebung nach Eritrea nach § 60 Abs. 1 AufenthG festgestellt wird.

Letztlich kann die Frage der Verfolgungsgefahr auf Grund der vorgetragenen Vorfluchtgründe dahinstehen, weil es dem Kläger dennoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht zumutbar ist, in sein Heimatland zurückzukehren, weil ihm dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung aus folgenden Gründen droht:

Nach der im Klageverfahren vorgelegten Bescheinigung vom 23. Januar 2007 ist der Kläger Mitglied der Eritrean Democratic Party (EDP) und hat nach der weiteren in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bescheinigung vom 6. Februar 2007 am 28. Januar 2007 an einer Versammlung der EDP teilgenommen.

Auch wenn man bei Würdigung des Wirkens des Klägers für die EDP zum jetzigen Zeitpunkt zum Ergebnis kommt, dass sich der Kläger nach außen hin (noch) nicht in exponierter Weise betätigt hat, ist es der Auskunftslage zu entnehmen, dass sich die Verfolgungsgefahr auch für solche Asylbewerber mit nicht exponiertem exilpolitischem Engagement bei einer Rückkehr nach Eritrea bis hin zur beachtlichen Wahrscheinlichkeit verschärft hat (vgl. insoweit auch das Urteil des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 14.8.2006, Az.: 9 B 04.30627). So stellt der Bundesnachrichtendienst vom 11. April 2005 in seiner Auskunft fest, dass Eritrea ein Einparteienstaat sei, der vom Staatspräsidenten Afewerkj, dem Parteivorsitzenden der einzigen in Eritrea zugelassenen Partei PFDJ und einer kleinen Anzahl von Beratern autoritär reagiert wird und dass andere Parteien auf Grund des Alleinvertretungsanspruches der Regierungspartei in den Untergrund getrieben worden sind und deshalb nur im Ausland agieren können mit der Folge, dass ihre Angehörigen als Staatsfeinde verfolgt werden. Weiterhin führt der Bundesnachrichtendienst aus, dass die rechtliche Grundlage der Anerkennung internationalen Menschenrechtsstandards fehlten und dass die eritreische Justiz schwach sei und den Weisungen der Exekutive unterliege.

Auf Grund dieser innenpolitischen Lage in Eritrea hält es der BND für wahrscheinlich, dass eritreische Oppositionelle, bei einer Rückkehr in ihr Heimatland Repressionen ausgesetzt seien und mit einer sofortigen Festnahme rechnen müssten, wenn sie eritreischen Boden beträten. Nach Einschätzung des BND werde das Ausmaß der Repressionen variieren und davon abhängig sein, in welcher Oppositionspartei oder oppositionellen Vereinigung eine Mitgliedschaft gestanden habe bzw. bestehe.

Auch in seiner neuerlichen von der Kammer eingeholten Auskunft vom 15. Januar 2007 hält der Bundesnachrichtendienst an dieser Einschätzung fest und verweist insbesondere darauf, dass die am 11. April 2005 erteilte Auskunft, dass eritreische Staatsangehörige, die sich in Deutschland als einfache Parteimitglieder nicht exponiert politisch betätigen, bei einer Rückkehr nach Eritrea mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen hätten.

Ähnlich äußert sich auch das Institut für Afrika-Kunde in seiner Auskunft vom 10. Februar 2005 an das VG München.

Insbesondere hinsichtlich einer Gefährdung von EDP-Mitgliedern ist auf die bereits oben zitierte Entscheidung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 14. August 2006 zu verweisen.

Wegen der seit 2005 zu beachtenden Verschärfung der Überwachung der eritreischen Gesellschaft und des geschilderten Selbstverständnisses der um Machterhalt bestrebten PFDJ geht der Bayer. Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass sich heute auch einzelne Mitglieder der EDP staatlicher Verfolgung ausgesetzt sind, wenn sie erkennbar in Erscheinung treten.

Solch ein erkennbar in Erscheinung treten erfordert demnach nicht eine exponiert öffentlichkeitswirksame nach außen hin erkennbare Betätigung, wie es z.B. die Übernahme von Funktionen in der EDP darstellt, sondern liegt darin, dass sich der Kläger auf Grund seiner Mitgliedschaft in der EDP mit deren Zielen, die letztendlich darauf gerichtet sind mit Hilfe einer Demokratisierung des eritreischen Staatswesens einen Machtwechsel in Eritrea herbeizuführen, solidarisch erklärt hat und dies nach außen hin damit dokumentiert hat, dass er wie in der vorgelegten Bescheinigung vom 6. Februar 2007 bestätigt, an der Versammlung der EDP vom 28. Januar 2007 teilgenommen hat.