VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Beschluss vom 16.02.2007 - VG 15 A 31.07 - asyl.net: M9947
https://www.asyl.net/rsdb/M9947
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Familienzusammenführung, Kinder, Beurteilungszeitpunkt, Alter, allgemeine Erteilungsvoraussetzungen, Lebensunterhalt, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AufenthG § 32 Abs. 2; VwGO § 123; AufenthG § 60a Abs. 2
Auszüge:

Der auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung einer vorläufigen Duldung gerichtete Antrag ist zulässig und begründet.

Die Antragstellerin besitzt einen gebundenen Anspruch gegen den Antragsgegner auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, und es sind keine öffentlichen Belange ersichtlich, welche die Durchsetzung ihrer Ausreisepflicht bis zur Entscheidung in der Hauptsache erfordern.

Der Anspruch der Antragstellerin auf Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis ergibt sich aus § 32 Abs. 2 AufenthG. Obgleich es sich um ein Verpflichtungsbegehren handelt, ist entgegen der Ansicht des Antragsgegners im Rahmen des Familiennachzugs für die Frage der Minderjährigkeit der Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung maßgeblich, hier also der 21. April 2005. Dies rechtfertigt sich aus dem Gedanken, dass die Vorschriften über den Kindernachzug den Zweck verfolgen, minderjährigen Kindern die Herstellung der Familieneinheit im Bundesgebiet zu ermöglichen. Würde nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung, sondern auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung oder der gerichtlichen Entscheidung abgestellt, ginge der mit der Altersgrenze verfolgte Zweck weitgehend fehl, weil trotz rechtzeitig gestellten Antrags der dem Minderjährigen zukommende Schutz vielfach aufgrund des Zeitablaufs entfiele. Insbesondere könnte das Kind, das wegen einer rechtswidrigen Ablehnung seines Antrags den Rechtsweg beschreiten muss, dadurch seinen Anspruch verlieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 1997, - 1 C 22.96 -, InfAuslR 1998, 161, 162). Diese Gesichtspunkte gelten im Einreiseverfahren ebenso wie im von Deutschland aus durchgeführten Verwaltungsverfahren.

Weiterhin liegt die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor. Nach Überzeugung der Kammer kann es auch nicht darauf ankommen, ob der Lebensunterhalt der Antragstellerin bereits zum Zeitpunkt ihrer Minderjährigkeit gesichert war. Anders als bei den das Nachzugsbegehren stützenden familiären Verhältnisse, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits vor Erreichen der Altersgrenze vorliegen müssen (vgl. BVerwG, a.a.O.), ist bei der allgemeinen Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG entscheidend, dass der Unterhalt des Antragstellers zum Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung sichergestellt ist (vgl. bereits Urteil der Kammer vom 17. Juni 2005, - VG 15 V 30.03). Denn Sinn und Zweck der Regelerteilungsvoraussetzung ist allein die Verhinderung der Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen. Es bedarf insoweit nicht der Zugrundelegung eines einheitlichen Entscheidungszeitpunkts, sondern es bleibt bei dem Grundsatz, dass die Voraussetzung (nur) zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen muss.