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Zitieren als:
BVerwG, Beschluss vom 15.10.1999 - 9 B 499.99 - asyl.net: R4916
https://www.asyl.net/rsdb/R4916
Leitsatz:

Ein Berufsbegründung in asylrechtlichen Streitigkeiten genügt den Anforderungen des § 124 a Abs. 3 S. 4 VwGO regelmäßig etwa dann, wenn sie eine entscheidungserhebliche Frage zu den tatsächlichen Verhältnissen im Heimatstaat des Asylbewerbers konkret bezeichnet und ihre hierzu von der Vorinstanz abweichende Beurteilung deutlich macht, was auch durch die Bezugnahme auf die Begründung des insoweit erfolgreichen Zulassungsantrages und auf den Zulassungsbeschluß geschehen kann.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Verfahrensrecht, Revision, Nichtzulassungsbeschwerde, Divergenzrüge, Verfahrensmangel, Berufungsbegründung, Änderung der Sachlage, Grundsätzliche Bedeutung
Normen: VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 3; VwGO § 124a Abs. 3
Auszüge:

Die Beschwerde beanstandet zu Recht, das Berufungsgericht habe überzogene Anforderungen an den Inhalt der nach § 124 a Abs. 3 VwGO erforderlichen Berufungsbegründung gestellt und hätte deshalb die Berufung nicht als unzulässig verwerfen dürfen.

In asylrechtlichen Streitigkeiten genügt eine Berufungsbegründung den Anforderungen des § 124 a Abs. 3 S. 4 VwGO regelmäßig etwa dann, wenn sie eine entscheidungserhebliche Frage zu den tatsächlichen Verhältnissen im Heimatstaat des Asylbewerbers konkret bezeichnet und ihre hierzu von der Vorinstanz abweichende Beurteilung deutlich macht, was auch durch die Bezugnahme auf die Begründung des insoweit erfolgreichen Zulassungsantrages und auf den Zulassungsbeschluß geschehen kann (vgl. den Beschluß des Senats vom 3. September 1999 - BVerwG 9 B 372.99 - m.w.N., zur Veröffentlichung vorgesehen). Das muß grundsätzlich auch dann gelten, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse im Heimatstaat in der Zeit nach dem Erlaß der erstinstanzlichen Entscheidung, aber - wie hier - noch vor der Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts oder während des Laufs der Berufungsbegründungsfrist verändern. Denn dann kann mit der bereits zugelassenen Berufung ohne weiteres die zweitinstanzliche tatrichterliche Klärung der nunmehr entstandenen Tatsachenlage durch das Berufungsgericht begehrt werden.

Ob der Berufungszulassungsgrund fortbesteht, ist hierfür ebensowenig von Bedeutung wie für die spätere Berufungsentscheidung.

Das gesetzliche Erfordernis der Einreichung eines Schriftsatzes zur Berufungsbegründung kann grundsätzlich auch in derartigen Fällen eine auf die erfolgreiche Begründung des Zulassungsantrages und den Zulassungsbeschluß verweisende Begründung erfüllen, wenn damit hinreichend zum Ausdruck gebracht werden kann, daß und weshalb das erstinstanzliche Urteil weiterhin angefochten wird.

Das Formerfordernis der Berufungsbegründung nach § 124 a Abs. 3 S. 1 VwGO dient in erster Linie der Klarstellung durch den Berufungsführer, ob und weshalb er an der Durchführung des Berufungsverfahrens (hier: auch unter veränderten tatsächlichen Verhältnissen) festhalten will (vgl. Urteil vom 30. Juni 1998 - BVerwG 9 C 6.98 - BVerwGE 107, 117 121>). Das hat der Bundesbeauftragte im Ausgangsverfahrens unmißverständlich und ausreichend zum Ausdruck gebracht.