OVG Rheinland-Pfalz

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Zitieren als:
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.11.1999 - 7 A 13272/94.OVG - asyl.net: R4937
https://www.asyl.net/rsdb/R4937
Leitsatz:

Keine Asylanerkennung, da im Kosovo keine organisierte staatliche Herrschaftsmacht der Bundesrepublik Jugoslawien mehr besteht und dies auch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist. Daher liegt keine Gefahr politischer Verfolgung weder für Kosovo-Albaner noch für anderer Volksgruppen im Kosovo vor.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Jugoslawien, Kosovo, Albaner, Gruppenverfolgung, UN-Resolution, KFOR-Truppen, Gebietsgewalt, Prognosemaßstab, Interne Fluchtalternative, Existenzminimum
Normen: GG Art. 16a; AuslG § 51 Abs. 1; AuslG § 53
Auszüge:

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter.

Seit Juni 1999 besteht im Kosovo, in dem auch der Wohn- und Herkunftsort des Klägers liegt, keine organisierte staatliche Herrschaftsmacht der Bundesrepublik Jugoslawien mehr; es ist auch auf absehbare Zeit nicht zu erwarten, dass das Regime in Belgrad die Herrschaftsmacht im Kosovo wiedererlangen könnte.

Die Bundesrepublik Jugoslawien hat sich nicht nur militärisch aus dem Kosovo zurückziehen müssen, sondern hat auch ihre Entscheidungsbefugnis über Verwaltung und Rechtsprechung abgegeben. Soweit in diesem Bereich nach dem Krieg überhaupt noch lokale Behörden arbeiten, unterstehen sie der UN-Verwaltung, der die endgültigen Entscheidungen obliegen.

In dieser Situation besteht zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder für die Kosovo-Albaner noch für die übrigen Volksgruppen im Kosovo die Gefahr einer politischen Verfolgung.

Soweit die Frage nach dem wirtschaftlichen Existenzminimum im Kosovo aufgeworfen wird, braucht sie an dieser Stelle keiner Beantwortung zugeführt zu werden, denn sie hat keine asylerhebliche Bedeutung. Die vorerwähnte Frage stellt sich vom Ansatz her für den Kosovo, völkerrechtlich noch immer ein Teil Jugoslawiens, nur unter dem Aspekt einer innerstaatlichen Fluchtalternative für Kosovo-Albaner, die ansonsten in der Bundesrepublik Jugoslawien einer Verfolgung ausgesetzt wären. Eine inländische Fluchtalternative wird einem Verfolgten nämlich nur dann zugemutet, wenn im verfolgungsfreien Landesteil auch die Möglichkeit zum wirtschaftlichem Überleben gegeben ist. Das Fehlen der wirtschaftlichen Existenzgrundlage an einem verfolgungssicheren Ort des Heimatstaats macht diesen aber nur dann als Fluchtalternative ungeeignet, wenn die wirtschaftliche Not am Herkunftsort so nicht bestünde, wenn sie ihre Ursache also in der Verfolgung hat (BVerwG, NVwZ 99, 309, 310).

Da aber beim Kläger der Kosovo Herkunftsort und zugleich auch Ort der Fluchtalternative ist, erübrigt sich ein derariger Vergleich. Denkbare wirtschaftliche Probleme im Kosovo wären nämlich jedenfalls nicht fluchtbedingt.