Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG. Dem Kläger kann insbesondere nicht entgegengehalten werden, dass es sich bei seinem neuerlichen Asylbegehren lediglich um einen unbeachtlichen Folgeantrag i.S.d. § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG handelt.
(Leitsatz der Redaktion)
Der Kläger kann von der Beklagten die Feststellung verlangen, daß in seiner Person die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
Dabei kann dem Kläger zunächst nicht etwa entgegengehalten werden, daß es sich bei seinem neuerlichen Asylbegehren vom 24. Juli 1995 lediglich um einen unbeachtlichen Folgeantrag im Sinne von § 71 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG handele. Was die in diesem Zusammenhang zu wahrende Dreimonatsfrist anbelangt, so führt sie zwar dazu, daß sich der Kläger schon von Anfang an nicht mehr auf die angeblich von ihm während seines letzten Türkeiaufenthalts im Sommer 1994 erlittenen Repressalien sowie auf die von ihm in der Zeit nach dem Abschluß seines vorangegangenen Asylverfahrens Ende 1992 an den Tag gelegten exilpolitischen Aktivitäten zur Begründung seiner Verfolgungsfurcht hatte berufen können. Sie vermag indes nicht dazu führen, daß der Kläger darüber hinaus auch mit seinen späteren, insbesondere ab (...) entfalteten Aktivitäten kein Gehör finden könnte. Selbst wenn sich diese als eine Fortführung seines vorangegangenen Engagements darstellen, so bleibt in diesem Zusammenhang doch zu sehen, daß es sich bei einer exilpolitischen Betätigung gerade auch mit Blick auf die sich daraus abzuleitende Verfolgungsgefährdung regelmäßig um einen sich entwickelnden Sachverhalt handelt, der sinnvoller Weise erst dann zum Gegenstand eines Folgeverfahrens gemacht werden kann, wenn diese Betätigung über ihr ständiges Fortschreiten hinaus einen solchen Umfang und eine solche Bedeutung erlangt hat, daß eine maßgebliche Veränderung der im früheren Asylverfahren getroffenen asylirrelevanten Verfolgungsprognose zu Gunsten des Asylbewerbers als begründet erscheint. So liegt es aber hier, nachdem sich der Kläger aufgrund der von ihm nach seiner Einreise im Bundesgebiet aufgenommenen Aktivitäten im Laufe der Zeit über den anfänglichen Status eines Mitläufers hinaus inzwischen zu einem verläßlichen Aktivisten der PKK/ERNK entwickelt hat.
Sind nach alledem aber für die weiteren Erwägungen im Rahmen der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG zugunsten des Klägers die von ihm ab (...) an den Tag gelegten exilpolitischen Aktivitäten zugrunde zu legen, so ergibt sich daraus weiter, daß der Kläger im Falle seiner Rückkehr in die Türkei mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung im eingangs dargelegten Sinne ausgesetzt sein würde. Denn vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen zwischen den türkischen Sicherheitskräften und den Kurden sowie den damit einhergehenden Kontrollen aus der Bundesrepublik zurückkehrender Asylbewerber drohen ihm wegen dieses prokurdischen Engagements bereits an den Grenzen oder auf dem Flughafen asylerhebliche Repressalien.
Es muß zunächst in jedem Fall damit gerechnet werden, daß der Kläger bei den in Rede stehenden Einreisekontrollen überhaupt auffallen und einer näheren Überprüfung mit persönlicher Befragung in Verbindung mit ergänzenden Rückfragen bei den zuständigen Sicherheitsbehörden überzogen wird. Er verfügt über keinen gültigen Reisepaß und es spricht alles dafür, daß er sich im Bundesgebiet zuletzt nur noch zur Durchführung eines Asylverfahrens aufgehalten haben kann, nachdem er bereits seit spätestens 1995 keinen sonstigen Aufenthaltstitel für seinen weiteren Verbleib in der Bundesrepublik mehr besitzt. Zudem handelt es sich bei ihm um einen Kurden aus der Südosttürkei und zwar aus dem Raum Halveti, der zwar nicht zu den unter Ausnahmezustand gestellten Siedlungsgebieten der Kurden gehört, dessen kurdischen Bewohnern indes bei einem Kurdenanteil von bis zu 90% von Seiten der türkischen Sicherheitskräfte vielfach mit einem ähnlichen Mißtrauen wie der im Ausnahmezustandsgebiet selbst ansässigen Bevölkerung begegnet wird.
Diese Überprüfung wird weiter aufdecken, daß der Kläger während seines langjährigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig für die kurdische Sache aktiv war und ist. Er hat in individualisierbarer Position ein Engagement an den Tag gelegt, das deutlich über das eines Mitläufers hinausgeht und das ihm zugleich eine gewisse Bekanntheit innerhalb der in seinem Umfeld lebenden aktiven kurdischen Gruppierungen aber auch darüber hinaus vermittelt. Dies gilt hierbei namentlich mit Blick auf seinen Einsatz als verläßlicher Aktivist der PKK/ERNK im Raum (...), wo er für diese Organisation Propagandamaterial verteilt, Teilnehmer für deren Veranstaltungen wirbt bzw. bei einer Anreise zu den jeweiligen Veranstaltungsorten unterstützt bzw. Mitgliedsbeiträge erhebt; dies gilt aber auch mit Blick auf sein sonstiges prokurdisches Engagement, sei es daß er in (...) zusammen mit Freunden den prokurdischen Verein Komal gegründet und geleitet hatte, sei es, daß er sich nach dessen Auflösung dem Kurdistan Centrum in (...) angeschlossen hat, wo er ebenfalls auch organisatorische Aufgaben wahrnahm. Da die türkischen Behörden die exilpolitischen Aktivitäten ihrer Landsleute im Bundesgebiet besonders sorgfältig beobachten und registrieren und zum Teil die hier aktiven kurdischen Organisationen sogar mit eigenen Leuten unterwandert haben, besteht von daher Grund zu der Annahme, daß auch ihnen dieser Einsatz des Klägers wie auch seine Person selbst bekannt geworden sind.
Vor diesem Hintergrund ist indes alsdann aber auch zu befürchten, daß sich die türkischen Sicherheitskräfte - nachdem sie des Klägers im Rahmen der Rückkehrkontrollen erst einmal habhaft geworden sind - die Gelegenheit nicht entgehen lassen werden, ihn als einen verläßlichen Aktivisten der PKK/ERNK nunmehr nicht nur einer eindringlichen Befragung zu seiner Person, seiner politischen Einstellung und zu weiteren Einzelheiten seiner Agitation gegen den türkischen Staat, sondern in gleicher Weise auch zur Person weiterer aktiver Landsleute in seinem Umfeld gegebenenfalls einschließlich seiner beiden ebenfalls politisch aktiven Brüder bzw. zur Struktur der ihm bekannten prokurdischen Vereinigungen zu unterziehen. Sie werden ihn schließlich darüber hinaus erforderlichenfalls zu weiteren Ermittlungen den für seinen Heimatort zuständigen Behörden überstellen, wobei alle diese Maßnahmen von schwerwiegenden Repressalien bis hin zu Mißhandlungen und Folterungen begleitet sein können, denen Abschiebungsrelevanz im Sinne von § 51 Abs. 1 AuslG zukommt.
Der Zuerkennung von Abschiebungsschutz zugunsten des Klägers steht hierbei schließlich auch nicht etwa § 51 Abs. 3 AuslG entgegen, nachdem der Kläger - ungeachtet seines Einsatzes als eines verläßlichen Aktivisten für die PKK/ERNK - gleichwohl nicht schon aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist.