OVG Bremen

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Zitieren als:
OVG Bremen, Beschluss vom 28.01.2000 - 1 B 406/99 - asyl.net: R5680
https://www.asyl.net/rsdb/R5680
Leitsatz:

1. Der auf § 32 AuslG gestützte Erlaß der obersten Landesbehörde über ein Bleiberecht für abgelehnte Asylbewerber mit langjährigem Aufenthalt vom 23.11.1999 (Umsetzung des Görlitzer Beschluß der Innenministerkonferenz vom 18./19.11.1999) ist keine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift, sondern unterliegt wegen ihres Rechtssatzcharakters voller gerichtlicher Nachprüfung. Dies gilt unabhängig davon, ob er veröffentlicht worden ist oder nicht.

2. Nachträglich erlassene Ausführungsbestimmungen der obersten Landesbehörde zu diesem Erlaß, die nicht selbst auf § 32 AuslG gestützt sind, sind demgegenüber norminterpretierende Verwaltungsvorschriften und für die Gerichte nicht bindend.

3. Der Lebensunterhalt der Familie ist auch dann im Sinne des Erlasses vom 23.11.1999 durch legale Erwerbstätigkeit gesichert, wenn an dem vorgesehenen Stichtag (19.11.1999) durch eine Arbeitsplatzzusage glaubhaft gemacht ist, daß eine solche Erwerbstätigkeit aufgenommen werden kann, sobald der Erteilung einer Arbeitsgenehmigung keine aufenthaltsrechtlichen Hindernisse mehr entgegenstehen.

4. Eine legale Erwerbstätigkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts ist auch die auf einem Arbeitsvertrag beruhende Verrichtung zusätzlicher und gemeinnütziger Tätigkeit nach § 19 Abs. 2 BSHG.

5. Ein besonderer Härtefall im Sinne des Erlasses vom 23.11.1999 liegt vor, wenn eine Familie wegen der Zahl der Familienmitglieder (hier: sechs Kinder) trotz Erwerbseinkommen auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen ist. Das den Ausländerbehörden durch den Erlaß eingeräumte Ermessen ist im Regelfall so auszuüben, daß die besondere Härte vermieden wird. (amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: D (A), Altfallregelung, Libanesen, Erlasslage, Auslegung, Verwaltungsvorschriften, Ermessen, Bindungswirkung, Selbstbindung der Verwaltung, Gleichheitsgrundsatz, Ausführungsbestimmungen, Lebensunterhalt, Arbeitsplatzzusage, Gemeinnützige Arbeit, Härtefall, Ergänzende Sozialhilfe, Kinderzahl, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Einstweilige Anordnung
Normen: AuslG § 32; BSHG § 19 Abs. 2; GG Art. 3
Auszüge:

1. Der auf § 32 AuslG gestützte Erlaß der obersten Landesbehörde über ein Bleiberecht für abgelehnte Asylbewerber mit langjährigem Aufenthalt vom 23.11.1999 (Umsetzung des Görlitzer Beschluß der Innenministerkonferenz vom 18./19.11.1999) ist keine ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift, sondern unterliegt wegen ihres Rechtssatzcharakters voller gerichtlicher Nachprüfung. Dies gilt unabhängig davon, ob er veröffentlicht worden ist oder nicht.

2. Nachträglich erlassene Ausführungsbestimmungen der obersten Landesbehörde zu diesem Erlaß, die nicht selbst auf § 32 AuslG gestützt sind, sind demgegenüber norminterpretierende Verwaltungsvorschriften und für die Gerichte nicht bindend.

3. Der Lebensunterhalt der Familie ist auch dann im Sinne des Erlasses vom 23.11.1999 durch legale Erwerbstätigkeit gesichert, wenn an dem vorgesehenen Stichtag (19.11.1999) durch eine Arbeitsplatzzusage glaubhaft gemacht ist, daß eine solche Erwerbstätigkeit aufgenommen werden kann, sobald der Erteilung einer Arbeitsgenehmigung keine aufenthaltsrechtlichen Hindernisse mehr entgegenstehen.

4. Eine legale Erwerbstätigkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts ist auch die auf einem Arbeitsvertrag beruhende Verrichtung zusätzlicher und gemeinnütziger Tätigkeit nach § 19 Abs. 2 BSHG.

5. Ein besonderer Härtefall im Sinne des Erlasses vom 23.11.1999 liegt vor, wenn eine Familie wegen der Zahl der Familienmitglieder (hier: sechs Kinder) trotz Erwerbseinkommen auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen ist. Das den Ausländerbehörden durch den Erlaß eingeräumte Ermessen ist im Regelfall so auszuüben, daß die besondere Härte vermieden wird. (amtliche Leitsätze)