OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.08.2000 - 1 A 2793/98.A - asyl.net: R9550
https://www.asyl.net/rsdb/R9550
Leitsatz:

1. Da die FNLA im Dezember 1992 in Angola eine Gruppierung von geringer Bedeutung darstellte, besteht, auch wenn möglicherweise gewisse Vorbehalte der von der MPLA getragenen Regierung gegenüber Mitgliedern des früheren Bürgerkriegsgegners vorhanden gewesen sein mögen, kein Anhaltspunkt dafür, dass Mitglieder der FNLA in dieser Zeit generell asylerhebliche Beeinträchtigungen von Seiten des angolanischen Staates zu befürchten gehabt hätten. Auch heute besteht kein Anlass für die Annahme, dass der angolanische Staat daran interessiert sein könnte, allgemein gegen Mitglieder der FNLA vorzugehen.

2. Die tatsächlichen Verhältnisse in Angola im Dezember 1992 tragen unbeschadet von Übergriffen auf Angehörige der Volksgruppe der Bakongo nicht die Schlußfolgerung, dass zu dieser Zeit jeder Bakongo konkret zu befürchten gehabt hätte, in Anknüpfung an seine Volkszugehörigkeit Opfer politischer Verfolgung zu werden. Auch heute drohen in Angola allein wegen der Zugehörigkeit zu der Volksgruppe der Bakongo keine asylrelevanten Beeinträchtigungen.

3. Wegen eines im Bundesgebiet erfolgten Beitritts zu der Organisation F.F.A.KO., der damit im Zusammenhang stehenden Teilnahme an einer Demonstration sowie des Versendens eines u.a. an den Präsidenten Angolas und den Führer der UNITA gerichteten Briefes ist bei einer Rückkehr nach Angola nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Verfolgung zu befürchten.

4. Wegen einer illegalen Ausreise, eines unerlaubten Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland und/oder einer Asylantragstellung droht bei einer Rückkehr nach Angola nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Verfolgung.

5. Eine allgemeine Gefahr iSv § 53 Abs. 6 S. 2 AuslG liegt nur dann vor, wenn jedem Angehörigen der Bevölkerung bzw. Bevölkerungsgruppe eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit iSv § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG droht (wie Urteil des Senats vom 28. Juni 2000 - 1 A 1462/96.A und - 1 A 5488/97.A - ).

6. Die Frage, ob ein Ausländer bei seiner Rückkehr nach Angola aufgrund der dortigen allgemeinen Situation einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib und Leben iSv § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG ausgesetzt sein wird, kann nicht generell bejaht werden. Vielmehr bedarf es einer vertieften Prüfung der jeweiligen besonderen Umstände des Einzelfalles, bei der insbesondere das jeweilige Alter des Ausländers, dessen allgemeine Konstitution und dessen Gesundheitszustand, die verwandtschaftlichen und persönlichen Beziehungen zu in Angola bereits lebenden Personen, die Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten sowie das Vorhandensein besonderer Qualifikationen zu berücksichtigen sind (wie Urteile des Senats vom 28. Juni 2000 - 1 A 1462/96.A - und - 1 A 5488/97.A -).

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Angola, Bakongo, FNLA, Propagandisten, Haft, Folter, Glaubwürdigkeit, Nachfluchtgründe, Subjektive Nachfluchtgründe, Exilpolitische Betätigung, F.F.A.K.O, Demonstrationen, Offener Brief, Illegale Ausreise, Unerlaubtes Verbleiben im Ausland, Antragstellung als Asylgrund, Situation bei Rückkehr, Abschiebungshindernis, allgemeine Gefahr, Extreme Gefahrenlage, Gefahrenbegriff, Auslegung
Normen: AuslG § 53 Abs. 6 S. 1
Auszüge:

1. Da die FNLA im Dezember 1992 in Angola eine Gruppierung von geringer Bedeutung darstellte, besteht, auch wenn möglicherweise gewisse Vorbehalte der von der MPLA getragenen Regierung gegenüber Mitgliedern des früheren Bürgerkriegsgegners vorhanden gewesen sein mögen, kein Anhaltspunkt dafür, dass Mitglieder der FNLA in dieser Zeit generell asylerhebliche Beeinträchtigungen von Seiten des angolanischen Staates zu befürchten gehabt hätten. Auch heute besteht kein Anlass für die Annahme, dass der angolanische Staat daran interessiert sein könnte, allgemein gegen Mitglieder der FNLA vorzugehen.

2. Die tatsächlichen Verhältnisse in Angola im Dezember 1992 tragen unbeschadet von Übergriffen auf Angehörige der Volksgruppe der Bakongo nicht die Schlußfolgerung, dass zu dieser Zeit jeder Bakongo konkret zu befürchten gehabt hätte, in Anknüpfung an seine Volkszugehörigkeit Opfer politischer Verfolgung zu werden. Auch heute drohen in Angola allein wegen der Zugehörigkeit zu der Volksgruppe der Bakongo keine asylrelevanten Beeinträchtigungen.

3. Wegen eines im Bundesgebiet erfolgten Beitritts zu der Organisation F.F.A.KO., der damit im Zusammenhang stehenden Teilnahme an einer Demonstration sowie des Versendens eines u.a. an den Präsidenten Angolas und den Führer der UNITA gerichteten Briefes ist bei einer Rückkehr nach Angola nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Verfolgung zu befürchten.

4. Wegen einer illegalen Ausreise, eines unerlaubten Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland und/oder einer Asylantragstellung droht bei einer Rückkehr nach Angola nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Verfolgung.

5. Eine allgemeine Gefahr iSv § 53 Abs. 6 S. 2 AuslG liegt nur dann vor, wenn jedem Angehörigen der Bevölkerung bzw. Bevölkerungsgruppe eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit iSv § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG droht (wie Urteil des Senats vom 28. Juni 2000 - 1 A 1462/96.A und - 1 A 5488/97.A - ).

6. Die Frage, ob ein Ausländer bei seiner Rückkehr nach Angola aufgrund der dortigen allgemeinen Situation einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib und Leben iSv § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG ausgesetzt sein wird, kann nicht generell bejaht werden. Vielmehr bedarf es einer vertieften Prüfung der jeweiligen besonderen Umstände des Einzelfalles, bei der insbesondere das jeweilige Alter des Ausländers, dessen allgemeine Konstitution und dessen Gesundheitszustand, die verwandtschaftlichen und persönlichen Beziehungen zu in Angola bereits lebenden Personen, die Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten sowie das Vorhandensein besonderer Qualifikationen zu berücksichtigen sind (wie Urteile des Senats vom 28. Juni 2000 - 1 A 1462/96.A - und - 1 A 5488/97.A -).