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Zitieren als:
BVerwG, Urteil vom 24.06.2021 - 1 C 30.20 - asyl.net: M29912
https://www.asyl.net/rsdb/default-2b0ea0f9d1
Leitsatz:

Keine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung bei persönlichen Beziehungen zwischen Vater und Kind:

"1. Nach § 85a AufenthG kann die Feststellung, dass eine Vaterschaftsanerkennung i.S.d. § 1597a Abs. 1 Satz 1 BGB "missbräuchlich" ist, auch aus Anlass der Beurkundung der Zustimmungserklärung der Kindesmutter getroffen werden, und zwar auch dann, wenn die Anerkennungserklärung des Vaters bereits vor dem Inkrafttreten der Regelung wirksam beurkundet worden ist.

2. Eine i.S.d. § 1597a Abs. 1 BGB missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn sie auch der Begründung, Fortsetzung oder Vertiefung einer Eltern-Kind-Beziehung und in diesem Sinne nicht gezielt gerade aufenthaltsrechtlichen Zwecken dient.

3. Der Anerkennende muss die aus der Vaterschaftsanerkennung resultierende elterliche Verantwortung auch tatsächlich wahrnehmen ("leben") wollen; das konkret zu fordernde Maß der tatsächlichen Wahrnehmung hat die Vielfalt grundrechtlich geschützter Möglichkeiten zu berücksichtigen, Eltern-Kind-Beziehungen autonom und weitestgehend frei von staatlichen Vorgaben auszugestalten. Die elterliche Verantwortung muss nicht in allen Dimensionen wahrgenommen werden.

4· Die ausländerbehördliche Einstellung des Verfahrens nach § 85a Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist kein Verwaltungsakt."

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Vaterschaft, Vaterschaftsanerkennung, Rechtsmissbrauch, Eltern-Kind-Verhältnis, Bundesverwaltungsgericht, Vater, Kind, Mutter, Zustimmung, Rückwirkung,
Normen: AufenthG § 85a, GG Art. 6 Abs. 1, BGB § 1597a Abs. 1 S. 1,
Auszüge:

[...]

10 Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis im Einklang mit Bundesrecht entschieden, dass der Bescheid der Beklagten vom 20. April 2018 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO). Zutreffend ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Zustimmung der Mutter zu der Anerkennung der Vaterschaft des M. durch den insoweit klagebefugten (1.) Kläger in dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt (2.) nicht i.S.d. § 1597a Abs. 1 BGB i.V.m. § 85a Abs. 1 Satz 1 AufenthG missbräuchlich ist (3.) und daher auch das Prüfungsverfahren nach § 85a Abs. 1 Satz 3 AufenthG einzustellen ist (4.). [...]

13 3. Das Oberverwaltungsgericht hat im Einklang mit Bundesrecht den angegriffenen Bescheid aufgehoben, weil er materiell mit § 85a AufenthG nicht in Einklang steht. Allerdings ist die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Vaterschaftsanerkennung nach § 85a AufenthG auch dann möglich (3.1), wenn die Feststellung nach wirksam abgegebener Erklärung der Anerkennung der Vaterschaft getroffen wird und es für deren Wirksamkeit lediglich noch der Beurkundung der Zustimmungserklärung der Kindesmutter (§ 1595 Abs. 1 BGB) bedarf (3.1.1); § 85a AufenthG begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (3.1.2) und ist in diesen Fällen unabhängig davon anwendbar, ob die Erklärung des Vaters vor seinem Inkrafttreten abgegeben worden ist (3.1.3). Der vom Oberverwaltungsgericht herangezogene Prüfungsmaßstab erweist sich mit der Klarstellung als im Ergebnis zutreffend, dass eine i.S.d. § 1597a Abs. 1 Satz 1 BGB missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung jedenfalls dann nicht vorliegt, wenn sie auch der Begründung, Fortsetzung oder Vertiefung einer Eltern-Kind-Beziehung dient (3.2). Auf der Grundlage dieses Maßstabes hat das Oberverwaltungsgericht frei von Verfahrensfehlern (3-4) die hier strittige Vaterschaftsanerkennung durch den Kläger als "nicht gezielt gerade dem Zweck dienend", die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für Einreise und Aufenthalt zu schaffen, und damit nicht als "missbräuchlich" i.S.d. § 1597a Abs. 1Satz1 BGB gewertet (3.3). Dies bewirkt, dass auch die Zustimmungserklärung der Kindesmutter im Ergebnis nicht "missbräuchlich" und der Bescheid der Beklagten bereits aus diesem Grunde aufzuheben ist. Bei dieser Sachlage ist nicht zu vertiefen, ob der Bescheid entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts bereits aus formellen Gründen aufzuheben gewesen wäre (3.5). [...]

16 3.1.2 § 85a AufenthG begegnet weder für sich allein noch in Verbindung mit § 1597a BGB durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (s.a. - m.w.N. - Berufungsurteil S. 12 f.; Sanders, FamRZ 2017, 1189 <1193>; krit. zur unzureichenden Eignung Dörig, Vaterschaftsanerkennung ist nicht schwer, ausländerrechtliche Missbrauchskontrolle hingegen sehr, NVwZ 2020, 106). [...]

18 Die Auslegungsbedürftigkeit, die aus der Verweisung auf die Legaldefinition des § 1597a BGB folgt, überschreitet nicht das verfassungsrechtlich zulässige Maß. Der Gesetzgeber hat namentlich mit der Wendung, dass die Vaterschaftsanerkennung "nicht gezielt gerade zu dem Zweck" anderweitig nicht bestehender aufenthaltsrechtlicher Wirkungen erfolgen dürfe, bewusst (BT-Drs. 18/12415 S. 15 ff.) an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB (a.F.) (BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 - BVerfGE 135, 48 <juris Rn. 32, 46 f., 51, 52, 53 f., 56, 58 f., 68, 70, 84, 99, 108, 113>) angeknüpft, die funktional als Vorgängernorm angesehen werden kann; durch die Regelvermutungstatbestände des § 85a Abs. 2 Satz 1 AufenthG sowie die - nicht als zusätzliche Regelvermutungstatbestände zu wertenden - in § 1597a Abs. 2 Satz 2 BGB nicht abschließend aufgeführten (weiteren) "Anzeichen für das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte" für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft (Verdachtstatbestände) hat er für die Anwendung und Auslegung dieser Wendung weitere Hinweise gegeben. Etwa aus Art. 6 GG folgenden weitergehenden Geboten kann durch eine verfassungskonforme Auslegung Rechnung getragen werden. Im Schrifttum geäußerte rechtspolitische Kritik an der 2017verabschiedeten Regelung (BeckOKAuslR/Tewocht, Stand: 01. Januar 2021, § 85a AufenthG Rn. 2.1.) führt nicht zur Verfassungswidrigkeit der Regelung. Soweit aus verfassungsrechtlicher Perspektive u.a. eine unzureichende Beteiligung des Kindes, für das die Vaterschaft anerkannt werden soll, kritisiert wird (etwa Kaesling, NJW 2017, 3686 <3688>; Knittel, JAmt 2017, 339; Ermann/Hammermann, BGB, 16. Aufl. 2020, § 1597a Rn. 5, 8 ff.; Münchener Kommentar/Wellenhafer, BGB, Bd. 10., 8. Aufl. 2020, § 1597a Rn. 4), betrifft dies für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits im Ergebnis nicht erhebliche Aspekte, welche die anderen, hier entscheidungserheblichen Teilregelungen nicht in Frage stellen. [...]

20 3.1.3 Die Anwendung des § 85a Abs. 1 AufenthG führt nicht zu einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung mit Blick darauf, dass der Kläger bereits vor dessen Inkrafttreten eine beurkundete Erklärung zur Anerkennung der Vaterschaft des Herrn M. abgegeben hatte. [...]

23 c) Nach diesen Grundsätzen konnte der Gesetzgeber der Einführung des zweistufigen "präventiven" Kontrollsystems zur Vermeidung missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennung (§ 1597a BGB, § 85a AufenthG) Vorrang vor einem etwaigen Schutz des Vertrauens von Personen, welche die Vaterschaft durch Anerkennung anstreben, in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage einräumen. Der Gesetzgeber hat mit diesem System nicht erstmals Maßnahmen gegen eine - aus seiner Sicht - missbräuchliche Begründung einer familienrechtlichen Beziehung zu aufenthaltsrechtlichen Zwecken getroffen. Er hat vielmehr das bis dahin geltende Anfechtungssystem mit Blick auf dessen verfassungsgerichtliche Beanstandung ersetzt. Dass Vaterschaftsanerkennungen, die diesen missbräuchlichen Zwecken dienen, unerwünscht sind, hatte er bereits durch § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB a.F. zum Ausdruck gebracht; das Bundesverfassungsgericht hat zwar das hierfür gewählte Mittel, nicht aber das Ziel der Missbrauchsabwehr selbst beanstandet. Eine Nutzung gesetzlich eröffneter Handlungs- oder Gestaltungsmöglichkeiten zu missbräuchlichen Zwecken verdient zudem jedenfalls dann einen allenfalls geringen Vertrauensschutz, wenn der Zweck, der zur Qualifizierung einer Vaterschaftsanerkennung als i.S.d. § 1597a Abs. 1 BGB missbräuchlich führt, so definiert ist, dass auch nur die vom Gesetzgeber im Rahmen seiner verfassungsrechtlich eröffneten Gestaltungsmacht zu erfassenden, tatsächlich missbräuchlichen Fälle erfasst werden.

24 3.2 Das Oberverwaltungsgericht ist in der Sache im Einklang mit Bundesrecht davon ausgegangen, dass eine i.S.d. § 1597a Abs. 1 BGB missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung jedenfalls dann nicht vorliegt, wenn sie auch der Begründung, Fortsetzung oder Vertiefung einer Eltern-Kind-Beziehung und in diesem Sinne nicht gerade gezielt aufenthaltsrechtlichen Zwecken (3.2.1) dient. Keiner abschließenden Beurteilung bedarf, ob die von dem Oberverwaltungsgericht für die Auslegung gebildeten Rechtssätze in vollem Umfang mit Bundesrecht vereinbar sind; sie sind dies zumindest im sachlichen, für die Tatsachenfeststellung und -würdigung maßgeblichen Kern, so dass sich die Entscheidung jedenfalls als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO). [...]

29 3.2.2 Nach dem systematischen Zusammenhang, in dem diese Regelung steht, und ihrem Sinn und Zweck müssen diese hinzutretenden Zwecke bezogen sein auf die Anerkennung einer Vaterschaft selbst, also der Begründung, Fortsetzung oder Vertiefung einer Eltern-Kind-Beziehung dienen. Mit der wirksamen Anerkennung der Vaterschaft entsteht rechtlich ein Verwandtschaftsverhältnis. Es ist normativ für den Anerkennenden mit dem Elternrecht auf Pflege und Erziehung des Kindes (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG), aber auch mit den damit korrespondierenden Pflichten (z.B. Betreuung und Erziehung; Unterhaltsgewährung) verbunden. Diese aus der Vaterschaftsanerkennung resultierende elterliche Verantwortung (s. etwa BVerfG, Urteil vom 24. März 1981 – 1BvR 1516/78 u.a. - BVerfGE 56, 363 <382>) als ein Grundrecht im Interesse des Kindes (BVerfG, Urteile vom 6. Februar 2001 – 1 BvR 12/92 - BVerfGE 103, 89 <107> und vom 1. April 2008 – 1 BvR 1620/04 - BVerfGE 121, 69 <92>) muss der Anerkennende auch tatsächlich wahrnehmen ("leben") wollen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 - BVerfGE 135, 48 <Ls. 3, Rn. 92> ); eine Anerkennung ist jedenfalls dann missbräuchlich, wenn weder eine persönliche Beziehung mit dem Kind oder dessen Mutter angestrebt wird noch die Bereitschaft besteht, ohne persönlichen Kontakt mögliche Rechte oder Pflichten, die mit der rechtlichen Elternschaft verbunden sind, wahrzunehmen.

30 Das konkret zu fordernde Maß der tatsächlichen Wahrnehmung hat indes die Vielfalt grundrechtlich geschützter Möglichkeiten zu berücksichtigen, Eltern-Kind-Beziehungen autonom und weitestgehend frei von staatlichen Vorgaben auszugestalten; es gibt kein staatlich vorgeprägtes Bild eines Eltern-Kind-Verhältnisses. Die Eltern können grundsätzlich frei vom staatlichem Einfluss nach eigenen Vorstellungen darüber entscheiden, wie sie ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen (vgl. etwa BVerfG, Urteile vom 16. Januar 2003 - 2 BvR 716/01 - BVerfGE 107, 104 <117> und vom 1. April 2008 – 1 BvR 1620/04 - BVerfGE 121, 69 <92> ). Schon dies lässt vielfältige Ausformungen und Abstufungen in Bezug auf die "gelebte" Intensität einer grundrechtlich geschützten Eltern-Kind-Beziehung zu; ein Optimum oder gar ein Maximum gelebter väterlicher Fürsorge in materieller und immaterieller Hinsicht mag im Interesse des Kindes wünschenswert sein, ist aber gerade nicht Voraussetzung einer die Missbräuchlichkeit i.S.d. § 1597a Abs. 1 BGB ausschließenden Eltern-Kind-Beziehung. Überdies werden mit abnehmender Pflege- und Erziehungsbedürftigkeit sowie zunehmender Selbstbestimmungsfähigkeit des Kindes die im Elternrecht wurzelnden Rechtsbefugnisse zurückgedrängt, bis sie schließlich mit der Volljährigkeit des Kindes erlöschen (BVerfG, Urteil vom 9. Februar 1982 - 1 BvR 845/79 - BVerfGE 59, 360 <382>; Beschluss vom 18. Juni 1986 - 1 BvR 857/85 - BVerfGE 72, 122 <137> ).

31 Um eine i.S.d. § 1597a Abs. 1 BGB "missbräuchliche" Vaterschaftsanerkennung auszuschließen, kann das tatsächlich "gelebte" Eltern-Kind-Verhältnis auch erst angestrebt werden. Dieses Verhältnis umfasst notwendig Elemente von elterlicher Verantwortung, ohne dass diese in allen Dimensionen wahrgenommen werden muss. Namentlich müssen nicht alle in der elterlichen Sorge gebündelten Rechte und Pflichten durch den Anerkennenden in eigener Personen oder gar in optimaler Weise wahrgenommen werden wollen. Erforderlich, aber hinreichend ist eine - angestrebte oder bereits wahrgenommene - tatsächliche Betätigung in Bezug auf einzelne Elemente der elterlichen Verantwortung wie z.B. die Gewährung von Sach- oder Barunterhalt. Die elterliche Verantwortung setzt eine häusliche Gemeinschaft nicht zwingend voraus; auch das Bestehen einer geistig-emotionalen Nähebeziehung kann ausreichen. Umgekehrt ist eine besondere geistig-emotionale Nähebeziehung nicht erforderlich, wenn andere aus der elterlichen Sorgen folgende Pflichten erfüllt werden (sollen und können); so ist etwa das Fehlen einer sozial-familiären Beziehung im Sinne des § 1600 Abs. 3 Satz 2 BGB zwischen Vater und Kind kein zuverlässiger Indikator dafür, dass eine den Aufenthaltsstatus der Beteiligten objektiv verbessernde Vaterschaftsanerkennung gerade auf aufenthaltsrechtliche Vorteile zielt (BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 - BVerfGE 135, 48 Rn. 56). [...]

33 a) Die Ausländerbehörde trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die aus der Vaterschaftsanerkennung folgende elterliche Verantwortung tatsächlich nicht wahrgenommen werden soll (vgl. auch Bergmann/Dienelt/Samel, AuslR, 13. Aufl. 2020, § 85a AufenthG Rn. 15; VG Bremen, Beschluss vom 14. Oktober 2020 - 4V 1713/20 -). Dem grundrechtlichen Schutz von Ehe und Familie ist dabei auch im Verfahren Rechnung zu tragen; ein tatsächlich bestehendes oder angestrebtes Familienleben darf im Rahmen des Prüfungsverfahrens nicht unnötig mit behördlichen und gerichtlichen Ausforschungen belastet werden. [...]

61 4.1 § 85a Abs. 1 Satz 3 AufenthG knüpft die Einstellung des Verfahrens an das Ergebnis der ausländerbehördlichen Prüfung, wenn diese ergibt, dass die Vaterschaftsanerkennung nicht missbräuchlich ist. Diese Einstellungspflicht besteht bei einer rechtsschutzorientierten Auslegung jedenfalls auch dann, wenn eine ausländerbehördliche Feststellung nach § 85a Abs. 1 Satz 2 AufenthG durch verwaltungsgerichtliche Entscheidung rechtskräftig aufgehoben wird, weil die zu prüfende Vaterschaftsanerkennung nicht i.S.d. § 1597a Abs. 1 BGB missbräuchlich ist. Der Gesetzgeber hat für die Einstellung des Verfahrens erkennbar auf die materiell-rechtliche Rechtslage abgestellt, nicht auf das - materiell-rechtswidrige - Ergebnis der erfolgreich angefochtenen ausländerbehördlichen Prüfung. Der behördlichen Pflicht zur Einstellung des Verfahrens entspricht ein Anspruch der vom Prüfungsverfahren Betroffenen auf dessen Einstellung. Er kann im Wege der Klagehäufung (§ 44 VwGO) mit dem Anfechtungsbegehren verbunden werden (vgl. auch § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

62 4.2 Der Kläger hat ein Rechtsschutzbedürfnis für die auf Verfahrenseinstellung gerichtete Klage. Die verwaltungsgerichtliche Aufhebung des Bescheides vom 20. April 2018 allein bewirkt nicht das Ende des systematisch vom einzelnen Verwaltungsverfahren zu unterscheidenden ausländerbehördlichen Prüfungsverfahrens nach § 85a Abs. 1 AufenthG, das (regelmäßig) durch die Mitteilung der beurkundenden Stelle eingeleitet wird, und beseitigt als solche nicht die Beurkundungssperre des § 1597a Abs. 3 BGB. Dies bewirkt erst die Verfahrenseinstellung; § 85a Abs. 1 Satz 3 AufenthG dient insoweit auch der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit in Bezug auf die zeitliche Reichweite der Beurkundungssperre des § 1597a Abs. 3 BGB.

63 Der - hier überdies mit der Anfechtungsklage gegen den Feststellungsbescheid der Beklagten verbundenen, also nicht isoliert erhobenen '."" Klage steht § 44a Satz 1 VwGO nicht entgegen. § 85a Abs. 1 Satz 3 AufenthG verselbständigt zudem die Einstellungsentscheidung bei Nichtvorliegen einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung insoweit, als bei rechtmäßigem behördlichem Handeln in Fällen nichtmissbräuchlicher Vaterschaftsanerkennung keine anderweitige Sachentscheidung ergeht. Der auf Verfahrenseinstellung gerichteten Klage gebührte nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO Vorrang vor der anderweitig in Betracht kommenden negativen Feststellungsklage, gerichtet auf die Feststellung, dass die Vaterschaftsanerkennung nicht missbräuchlich ist.

64 4.3 Die ausländerbehördliche Einstellung des Verfahrens nach § 85a Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist der Sache nach das Gegenstück zur Aussetzungs- und Übermittlungsentscheidung nach § 1597a Abs. 2 BGB. Sie erfolgt als unselbständige Verfahrenshandlung, entgegen der - mit durchaus beachtlichen Gründen vertretenen - Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht durch Verwaltungsakt (§ 35 VwVfG). Der Gesetzgeber hat das Gegenstück zur (positiven) Feststellung einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung(§ 85a Abs. 1 Satz 2 AufenthG) gerade nicht als (negative) Feststellung ausgestaltet. § 85a Abs. 3 Satz 2 AufenthG sieht bei der Verfahrenseinstellung auch in Bezug auf die Beteiligten lediglich eine "Mitteilung", nicht aber eine Bekanntgabe (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) vor; die Mitteilung ist auch nicht an die "Unanfechtbarkeit" der Verfahrensmitteilung gebunden. Der Wegfall der Beurkundungssperre (§ 1597a Abs. 3 BGB) ist Folge der Mitteilung, nicht Regelungsgegenstand der Verfahrenseinstellung; sie ermöglicht die Beurkundung einer für das Wirksamwerden der Vaterschaftsanerkennung erforderlichen Erklärung, verpflichtet als solche die beurkundende Stelle aber nicht dazu, die Beurkundung vorzunehmen. [...]