LG Bielefeld

Merkliste
Zitieren als:
LG Bielefeld, Beschluss vom 06.07.2021 - 23 T 603/20 - asyl.net: M29820
https://www.asyl.net/rsdb/m29820
Leitsatz:

Vorlaufzeit von drei Wochen zur Flugbuchung muss gesondert begründet werden:

Der Haftantrag nach § 417 FamFG muss Angaben zur notwendigen Haftdauer enthalten. Es ist nicht ausreichend, wenn sich die Behörde hierzu pauschal darauf beruft, dass die Vorlaufzeit für eine Flugbuchung in ein europäisches Land bis zu drei Wochen betrage. Vielmehr bedarf es einer Begründung, die den für die Flugbuchung benötigten Zeitraum konkret darlegt, etwa durch Angaben zu Terminen, der Frequenz nutzbarer Flugverbindungen und zur Buchungslage.

(Leitsätze der Redaktion; Entscheidung unter Berufung auf BGH, Beschluss vom 25.08.2020 - XIII ZB 125/19 - asyl.net: M28911)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Überstellungshaft, Haftdauer, Haftantrag, Heilung, Verfahrensfehler, Flugbuchung,
Normen: FamFG § 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, AufenthG § 62 Abs. 1 S. 2,
Auszüge:

[...]

a) Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zur zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Überstellungsvoraussetzungen, zur Erforderlichkeit der Haft, zur Durchführbarkeit der Überstellung und zur notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein; sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte Haft nicht angeordnet werden (BGH, Beschluss vom 23.02.2021 - XIII ZB 52/20, Rn. 13 m.w.N., zit. n. juris). [...]

aa) Die Beteiligte zu 3) hat die erforderliche Haftdauer damit begründet, dass nach den Überstellungsmodalitäten zwischen der Nennung des Flugtermins sowie dem tatsächlichen Vollzug mindestens neun Werktage liegen müssten und die Vorlaufzeit für die Flugbuchung laut Auskunft der Zentralstelle für Flugabschiebungen (ZFA) bis zu drei Wochen betrage.

bb) Diese Ausführungen der beteiligten Behörde zu der Vorlaufzeit für die Flugbuchung von drei Wochen sind vor dem Hintergrund, dass die Haft auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken ist, unzureichend (§ 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Die beantragte Haftdauer, die sich zudem nicht nur auf drei Wochen, sondern auf drei Wochen und einen Tag erstreckt, ist nicht so kurz, als dass sich ihre Notwendigkeit von selbst verstünde, zumal die Flugabschiebung in ein europäisches Land erfolgen sollte. Es bedurfte vielmehr einer Begründung, die den für die Flugbuchung benötigten Zeitraum und die daraus folgende notwendige Haftdauer erklärte, etwa durch Angaben zu Terminen und zur Frequenz nutzbar.er Flugverbindungen und zur Buchungslage (BGH, Beschluss vom 12.02.2020 - XIII ZB 16/19, Rn. 10, zit. n. juris und Beschluss vom 25.08.2020 - XIII ZB 125/19, Rn. 7ff.,zit. n. juris). [...]