VG Lüneburg

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Zitieren als:
VG Lüneburg, Beschluss vom 22.06.2022 - 5 A 5/22 - asyl.net: M30741
https://www.asyl.net/rsdb/m30741
Leitsatz:

Kostenbeschluss zulasten des BAMF nach Erledigungserklärung wegen Ablauf der Überstellungsfrist:

Im Zeitpunkt der Aufhebung des Bescheides war dieser aufgrund des Zuständigkeitsübergangs auf die Beklagte infolge des Ablaufs der Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 S. 1 Dublin-III-VO rechtswidrig. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [BAMF] wäre im Fall einer Entscheidung voraussichtlich unterlegen. Die Gründe für den Ablauf der Überstellungsfrist lagen auch nicht in der Sphäre der klagenden Person. Wenn es dem BAMF und der zuständigen Ausländerbehörde nicht gelingt, Asylsuchende innerhalb der sechsmonatigen Überstellungsfrist zu überstellen, kann dies kostenrechtlich nicht zu deren Lasten gehen.

(Leitsätze der Redaktion; anderer Ansicht: VG Kassel, Beschluss vom 23.06.2023 - 7 K 312/23.KS.A - asyl.net: M31698)

Schlagwörter: Dublinverfahren, Verfahrenskosten, Kostenfestsetzungsbeschluss,
Normen: VwGO § 161 Abs. 1 S. 2, VO 604/2013 Art. 29 Abs. 2 S. 1, AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1, AsylG § 34a Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Hier entspricht es der Billigkeit, der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens aufzulegen.

Die Erledigung des Rechtsstreits ist im vorliegenden Fall durch Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides durch die Beklagte eingetreten, nicht bereits mit Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines vom einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist – Dublin III-VO –, da mit dem Fristablauf weder die Unzulässigkeitsentscheidung noch die Abschiebungsanordnung ihre Regelungswirkung verloren oder sich diese auf sonstige Weise erledigt haben [...]. Im Zeitpunkt der Aufhebung des Bescheides war dieser aufgrund des Zuständigkeitsübergangs auf die Beklagte nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO rechtswidrig. Die Beklagte wäre im Fall einer streitigen Entscheidung im Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen. [...]

Die Gründe für den Ablauf der Überstellungsfrist und damit letztlich für die Entscheidung der Beklagten, den rechtswidrigen Bescheid aufzuheben, haben ferner nicht maßgeblich in der Sphäre des Klägers gelegen. Sofern es der Beklagten und der zuständigen Ausländerbehörde, die in der Regel das Verfahren zur Überstellung gemeinsam einleiten (vgl. so auch Koehler, Praxiskommentar zum Europäischen Asylzuständigkeitssystem, 2018, C Art. 29 Dublin III-VO Rn. 13 f.), nicht gelingt, den Asylsuchenden innerhalb der sechsmonatigen Überstellungsfrist in den zuständigen Mitgliedsstaat zu überstellen, kann dies jedenfalls kostenrechtlich nicht zu Lasten des Asylsuchenden gehen. [...]