VG Gelsenkirchen

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Zitieren als:
VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 21.04.2023 - 2a L 527/23.A - asyl.net: M31528
https://www.asyl.net/rsdb/m31528
Leitsatz:

Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen Abschiebungsanordnung im Dublinverfahren:

Bestehen ernsthafte Anhaltspunkte dafür, dass eine psychisch erkrankte Person im Falle ihrer Überstellung aufgrund einer voraussichtlichen Suizidalität in akute Lebensgefahr geraten würde, so ist sie nach summarischer Prüfung im Eilverfahren reiseunfähig und besteht ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Dublinverfahren, Kroatien, Reisefähigkeit, inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, Abschiebungshindernis, psychische Erkrankung, Suizidgefahr, Posttraumatische Belastungsstörung, Depression, vorläufiger Rechtsschutz,
Normen: VwGO § 80 Abs. 7, VO 604/2013 Art. 17, VO 604/2013 Art. 3 Abs. 1, AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1, AufenthG § 60a Abs. 2c S. 1, AsylG § 34a Abs. 1 S. 1,
Auszüge:

[...]

Denn aufgrund der dargelegten Erkrankung der Antragstellerin und der hiermit einhergehenden Reiseunfähigkeit liegt jedenfalls nach der allein möglichen summarischen Prüfung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) vor. [...]

Vor dem so umrissenen rechtlichen Hintergrund ist die gemäß § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG bestehende gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit der Antragstellerin jedenfalls nach den Prüfungsmaßstäben für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit widerlegt.

Die vorgelegte Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie - vom - 2023, ausweislich derer die Antragstellerin an einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome (ICD-10: F32.2), einer posttraumatischen Belastungsstörung (F43.1) und sonstigen Symptomen, die die Stimmung betreffen (R45.8) leidet, zeigt ernsthafte Anhaltspunkte dafür auf, dass die Antragstellerin im Falle einer Überstellung nach Kroatien aufgrund einer voraussichtlich bestehenden Suizidalität in eine akute Lebensgefahr geraten würde. Aus den Ausführungen der Fachärztin - wird zwar ersichtlich, dass die medizinische Beurteilung im Wesentlichen anhand der Angaben der Antragstellerin erfolgte, die im Rahmen der Anamnese dargestellt wurden. Es ist aber nach Aktenlage nicht erkennbar, dass diese ausführlichen Angaben zu traumatischen Erfahrungen im Heimatland (Vergewaltigung, Ermordung der Eltern) und Gewalterfahrungen in Kroatien unzutreffend sind. [...]