VG Trier

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Zitieren als:
VG Trier, Urteil vom 20.12.2023 - 2 K 500/23.TR - asyl.net: M32123
https://www.asyl.net/rsdb/m32123-1
Leitsatz:

Abschiebungsverbot für alleinstehenden Mann aus dem Sudan:

1. Auch angesichts der aktuellen wirtschaftlichen und humanitären Verhältnisse im Sudan ist nicht hinsichtlich jeder Person ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG festzustellen. Ob ein Abschiebungsverbot festzustellen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

2. Ein alleinstehender Mann, dessen Familie nicht in der Lage sein wird, ihn bei seiner Rückkehr zu unterstützen und der an seine vormals ausgeübten Erwerbstätigkeiten nicht mehr anknüpfen können wird, wird nicht hinreichend wahrscheinlich in der Lage sein, im Sudan seine Existenz zu sichern.

(Leitsätze der Redaktion; unter Bezug auf: VG Göttingen, Urteil vom 06.07.2023 - 3 A 190/19 - asyl.net: M31854; siehe auch: VG Hannover, Urteil vom 18.07.2023 - 5 A 4841/22 - asyl.net: M31855)

Schlagwörter: Sudan, Abschiebungsverbot, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, Existenzgrundlage,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 5, EMRK Art. 3, GR-Charta Art. 4
Auszüge:

[...]

Dem Kläger steht ein Anspruch auf die Feststellung des Vorliegens eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK hinsichtlich des Sudan zu. [...]

Ausgehend von den in der Person des Klägers liegenden besonderen Umständen ist vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen und humanitären Verhältnisse im Sudan (vgl. hierzu: VG Hannover, Urteil vom 7. Juni 2023 - 5 A 885/20 - m.w.N.; juris) und insbesondere auch angesichts der im Falle der Rückkehr gegebenen konkreten Situation des Klägers davon auszugehen, dass eine Abschiebung nach dort zwingend unterbleiben muss. Hinsichtlich der aktuellen Verhältnisse wird neben der oben genannten Entscheidung auf die dem Verfahren sonst zugrundeliegenden Erkenntnismittel verwiesen. Sie ergeben sich im Übrigen aus der nahezu täglichen Berichterstattung in den Medien. Gleichwohl führt dies nach der Rechtsprechung der Kammer (so zuletzt Urteil vom 18. Dezember 2023 - 2 K 341/23.TR -) nicht automatisch zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes.

In der Person des Klägers liegen jedoch Umstände vor, die die Feststellung eines Abschiebungsverbotes zwingend machen. Für den Fall der Rückkehr in den Sudan ist die Sicherung des Existenzminimums nicht hinreichend sicher gewährleistet. Der Kläger hat zwar noch Familie im Sudan. Die Familie wurde jedoch nach den Angaben des Klägers (vgl. Begründung des Folgeantrags und Vortrag im hier zu entscheidenden Verfahren) enteignet. Von daher ist eine relevante Unterstützung nicht anzunehmen. Nach seinen weiter gemachten Angaben hat er zu früheren Zeiten verschiedene Tätigkeiten ausgeübt. Daran kann er nunmehr angesichts der hier maßgeblichen konkreten Verhältnisse erkennbar nicht mehr anknüpfen. Nach derzeitiger Lage der Dinge ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Kläger auf gewisse Dauer im Sudan seine Existenz sichern könnte. [...]