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VG Bayreuth

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Zitieren als:
VG Bayreuth, Beschluss vom 23.09.2024 - B 8 S 24.32617 - asyl.net: M33051
https://www.asyl.net/rsdb/m33051
Leitsatz:

Kein Zweitantrag wenn das Erstverfahren in Dänemark durchgeführt wurde: 

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob es sich um einen Zweitantrag handelt, wenn das Asylerstverfahren in Dänemark durchgeführt und abgelehnt wurde und die Prüfung möglicherweise nicht den Anforderungen der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU entsprechend erfolgt ist. Dänemark ist nicht an diese Richtlinie gebunden oder zu ihrer Anwendung verpflichtet. 

(Leitsatz der Redaktion)  

Schlagwörter: Dänemark, Zweitantrag, offensichtlich unbegründet, Zulässigkeit, Unzulässigkeit
Normen: AsylG § 71a Abs. 1, AsylG § 30 Abs. 1 Nr. 8, AsylG § 36 Abs.1, AsylG § 36 Abs. 4, RL 2013/32/EU Art. 33 Abs. 2 lit. d), RL 2011/95/EU Art. 2 lit. b), RL 2011/95/EU Art. 2 lit. e)
Auszüge:

[...]

bb. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die Abschiebungsandrohung, die in der ausgesprochenen Form darauf beruht, dass das Schutzersuchen als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, rechtmäßig ist. Die Zweifel an der Rechtmäßigkeit beruhen darauf, dass die Antragsgegnerin den Schutzantrag der Antragstellerin auf der Basis eines zuvor im Königreich Dänemark erfolglos durchgeführten Asylverfahrens als Zweitantrag behandelt hat. [...]

Es bedarf der Prüfung in einem Hauptsacheverfahren, ob vorliegend eine gleichwertige Prüfung des Anspruchs auf internationalen Schutz gegeben ist. Art. 33 Abs. 2 lit. d der Verfahrensrichtlinie berechtigt zu einer Unzulässigkeitsentscheidung, wenn keine neuen Beweise oder Argumente zu der Frage, ob der Antragsteller nach Maßgabe der (Qualifikations-)Richtlinie 2011/95/EU als Person mit Anspruch auf internationalen Schutz anzuerkennen ist, vorgebracht worden sind. Die Prüfung des Anspruchs auf internationalen Schutz in einem sicheren Drittstaat hat mithin anhand der Anforderungen der Qualifikationsrichtlinie zu erfolgen. Bei einer unterhalb dieser Anforderungen bleibenden Prüfung kommt die Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig auf Grundlage von Art. 33 Abs. 2 lit. d der Verfahrensrichtlinie nicht in Betracht.

Dänemark beteiligt sich nach dem 59. Erwägungsgrund der Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU und dem 51. Erwägungsgrund der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks nicht an der Annahme dieser Richtlinien und ist weder durch diese Richtlinien gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet. Die Prüfung des Asylantrags erfolgt nach nationalem Recht. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 des dänischen Ausländergesetzes wird einem Ausländer eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt, wenn der Ausländer bei seiner Rückkehr in sein Heimatland die Todesstrafe oder Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung riskiert ausgesetzt zu werden. In der Fassung des dänischen Ausländergesetzes vom 10. März 2019 [...] ist zudem mit § 7 Abs. 3 eine Art. 15 Buchst. c) der RL 2011/95/EU entsprechende Regelung enthalten. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Asylgesuch der Antragstellerin im Jahre 2019 eine entsprechende Prüfung stattgefunden hat [...].

(4) Im Übrigen stellte der EuGH in Bezug auf den Mitgliedsstaat Dänemark zuletzt fest, dass ein anderer Mitgliedstaat sein nationales Verfahren nicht mit Hinweis auf ein in Dänemark durchgeführtes Asylverfahren vereinfachen darf [...]. Dies ergibt sich nach der Begründung des EuGHs, weil nach dem Abkommen zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Dänemark die Richtlinie 2011/95/EU auf Dänemark keine Anwendung finde und deshalb dort kein "Antrag" im Sinne von Art. 2 Buchst b) RL 2013/32/EU und keine "bestandskräftige Entscheidung" im Sinne von Art. 2 Buchst. e) RL 2013/32/EU getroffen werden könne. [...]