Beiordnung einer anwaltlichen Vertretung ohne Anhörung führt nicht zu einem Verfahrensfehler:
Zur Einhaltung des Grundsatzes eines fairen Verfahrens ist es ausreichend, wenn das Gericht Anwält*innen zur Beiordnung "bereit hält" und zu Beginn der Anhörung die Zustimmung der Betroffenen einholt. Eine Frist zur Bestimmung eines Wahlanwaltes analog zu § 142 StPO ist nicht erforderlich, da keine planwidrige Regelungslücke vorliegt.
(Leitsatz der Redaktion)
[...]
Entgegen der Ansicht des Betroffenen hat das Amtsgericht nicht gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen, weil es ihn vor seiner am 24.07.2024 erfolgten persönlichen Anhörung nicht ausdrücklich danach befragt hat, ob er von einem Anwalt seiner Wahl vertreten werden will und wenn ja, diesen zu bezeichnen. [...]
Der Betroffenen hatte deshalb Gelegenheit zu erklären, ob er mit der Übernahme seiner Vertretung durch den beim Amtsgericht - für den Fall der Vorführung eines anwaltlich nicht vertretenen Betroffenen - an diesem Tag "vorgehaltenen" Rechtsanwalt ... einverstanden ist. Dessen Beiordnung erfolgte nach Beratung mit dem Betroffenen und mit dessen Zustimmung zu Beginn der Anhörung [...]. Damit aber hat das Amtsgericht seiner aus § 62d AufenthG folgenden Verpflichtung genügt, denn die Bestimmung lautet: "Zur richterlichen Entscheidung über die Anordnung von Abschiebungshaft nach § 62 und Ausreisegewahrsam nach § 62b bestellt das Gericht dem Betroffenen, der noch keinen anwaltlichen Vertreter hat, von Amts wegen für die Dauer des Verfahrens einen anwaltlichen Vertreter als Bevollmächtigten." Gerade dieser Fall lag vor, der Betroffene hatte noch keinen anwaltlichen Vertreter. Durch die Bestellung eines anwaltlichen Vertreters im Anhörungstermin konnte das Recht des Betroffenen auf rechtliches Gehör und Durchführung eines fairen Verfahrens auch ohne weiteres gewahrt werden. [...]
Soweit mit der Begründung zum Fortsetzungsfeststellungsbegehren argumentiert wird, dass dem Betroffenen keine Gelegenheit gegeben worden sei, vor der Anhörung einen Anwalt seiner Wahl mit seiner Vertretung zu beauftragen, führt dies nicht zu einem Verfahrensfehler. Es lässt sich bereits nicht feststellen, dass der Betroffene in der Lage gewesen wäre, einen Wahlanwalt zu finden, der bereit gewesen wäre, an der Anhörung teilzunehmen, wenn das Amtsgericht ihm ein Telefonbuch oder eine Liste mit Rechtsanwälten zur Verfügung gestellt und ihn hätte telefonieren lassen. [...]
Für eine analoge Anwendung des § 142 Abs. 5 StPO ist zur Überzeugung der Kammer im Verfahren zur Entscheidung über eine Freiheitsentziehung nach dem AufenthG ebenfalls kein Raum. Es fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke. [...]