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AG Bingen am Rhein

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Zitieren als:
AG Bingen am Rhein, Beschluss vom 11.03.2025 - 110 XIV 268/24 B - asyl.net: M33171
https://www.asyl.net/rsdb/m33171
Leitsatz:

Anhörung hat zwingend vor anwaltlicher Beiordnung stattzufinden: 

Wird einer von Abschiebungshaft betroffenen Person eine Anhörung vor der Bestellung eines Pflichtanwalts/einer Pflichtanwältin verwehrt, liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens vor. Der Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert Betroffenen das Recht, sich in Freiheitsentziehungssachen von einer/einem Bevollmächtigten ihrer Wahl vertreten zu lassen. Die Haft ist sonst rechtswidrig, unabhängig davon, ob ihre Anordnung auf diesem Fehler beruht.  

(Leitsatz der Redaktion) 

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Pflichtanwalt, faires Verfahren,
Normen: AufenthG § 62d
Auszüge:

[...]

Gemäß §§ 62d AufenthG, 142 Abs. 5 Satz 1 StPO analog ist der jeweilige Betroffene vor Anwaltsbestellung zwingend anzuhören [...]. Der Betroffene soll dadurch in die Lage versetzt werden, einen Bevollmächtigten seiner Wahl für die Beiordnung zu benennen. Der Grundsatz des fairen Verfahrens garantiert jedem Betroffenen das Recht, sich in einem Freiheitsentziehungsverfahren von einem Bevollmächtigten seiner Wahl vertreten zu lassen und diesen zu der Anhörung hinzuzuziehen [...]. Indem der Betroffenen eine Anhörung vor Anwaltsbeiordnung verwehrt wurde, wurde ihr auch die Möglichkeit versagt, statt Herrn Rechtsanwalt ... einen anderen Bevollmächtigten zur Beiordnung zu benennen. Durch die zum Nachteil der Betroffenen gereichende Verfahrensgestaltung des erstanordnenden Gerichts war die in der Folge angeordnete Haft rechtswidrig. Wie in der Fallkonstellation, in welcher das Gericht die Teilnahme eines ihm bereits bekannten Verfahrensbevollmächtigten an der Anhörung vereitelt [...], besteht die Rechtswidrigkeit der Haft auch in hiesigem Fall unabhängig davon, ob die Anordnung der Haft auf diesem Fehler beruht. In beiden Konstellationen ist die jeweilige Interessenlage vergleichbar. Denn die zwingende Anhörung der Betroffenen vor Anwaltsbeiordnung soll ihr gerade ermöglichen, einen von ihr gewählten Bevollmächtigten zur Kenntnis des Gerichts zu bringen. Wenn sich das Gericht dem verschließt, hat es aus Sicht der Betroffenen die Anwesenheit eines von ihr gewählten Bevollmächtigten vereitelt. [...]