Keine Zweifel an der Einstufung Georgiens als sicheres Herkunftsland:
1. Die Einstufung Georgiens als sicherer Herkunftsstaat erfolgte für das gesamte Staatsgebiet, einschließlich der abtrünnigen Gebiete Abchasiens und Südossetiens. Der von der georgischen Regierung kontrollierte Landesteil ist frei von Verfolgung und bietet Schutz auch in Bezug auf die abtrünnigen Gebiete.
2. Eine staatliche Verfolgung von Angehörigen der LGBTIQ - Community ist nicht anzunehmen. Gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen sind nicht kriminalisiert und die georgische Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung oder der Geschlechtsidentität. Der Einzug homophober Ansichten in die Politik ist zwar besorgniserregend, aber noch nicht als staatliches Verfolgungsprogramm zu qualifizieren.
3. Benachteiligungen, Anfeindungen, Belästigungen und Gewalthandlungen gegenüber LGBTIQ-Personen treten vereinzelt auf und gehen vorrangig von privaten Einzelpersonen und Gruppen aus, führen aber nicht dazu, dass Angehörige der LGBTIQ - Community von der Teilhabe an der zur Sicherung eines menschenwürdigen Lebens notwendigen Einrichtungen und Dienstleistungen und einer generellen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in erniedrigender Weise abgeschnitten werden oder ein gesellschaftliches Klima besteht, das bei Homosexuellen grundsätzlich und zu jeder Zeit psychische Leiden verursacht bzw. in entwürdigender Weise Ängste, seelische Qualen oder das Gefühl von Minderwertigkeit auslöst.
(Leitsätze der Redaktion; a.A.: VG Berlin, Beschluss vom 11.03.2025 – 31 L 473/24 A – asyl.net: M33180)
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Der Asylantrag des aus einem sicheren Herkunftsstaat (hier: Georgien, vgl. Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG, § 29 a Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage II zum AsylG) eingereisten Antragstellers war bereits nach § 29a Abs. 1 AsylG sowohl hinsichtlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des Asylbegehrens als auch hinsichtlich der Gewährung subsidiären Schutzes (Ziffern 1. bis 3. des angefochtenen Bescheids) als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Anhaltspunkte i.S.v. Art. 16a Abs. 3 Satz 2 GG i.V.m. § 29a Abs. 1 Hs. 2 AsylG, die vorliegend die Annahme rechtfertigen könnten, dass dem Antragsteller entgegen der gesetzlichen Vermutung bei einer Ausreise nach Georgien asyl- oder flüchtlingsrelevante Verfolgung bzw. ein ernsthafter Schaden droht, hat dieser nicht schlüssig und substantiiert geltend gemacht (vgl. zu den Anforderungen: BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1507/93 –, juris Rn. 98). [...]
Lediglich ergänzend wird Folgendes ausgeführt:
1. Zunächst ist festzuhalten, dass der Anwendung von § 29a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage II zum AsylG entgegen nicht entgegensteht, dass Zweifel an bzw. Unklarheiten bezüglich der Verfassungs- bzw. Unionsrechtskonformität der Einstufung von Georgien als sicherer Herkunftsstaat bestünden, die nach Auffassung des Gerichts eine Nichtanwendung der Norm bzw. eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof und/oder das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 267 bzw. Art. 100 Abs. 1 GG erforderlich machten. Denn – unabhängig von einer ggf. schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bestehenden Vorlagepflicht – (vgl. zu Art. 100 Abs. 1 GG etwa: OVG NRW, Beschluss vom 22. Juli 2022 – 13 B 1466/21 –, juris Rn. 71 ff.; vgl. zu Art. 267 AEUV etwa: Wegener, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Auflage 2022, Art. 267 Rn. 27 f.; 31), stellt sich nach Überzeugung des Gerichts im Hinblick auf die Einstufung von Georgien als sicherer Herkunftsstaat durch § 29a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage II zum AsylG weder eine Auslegungsfrage zu deren Vereinbarkeit mit Art. 37 der Richtlinie 2013/32/EU noch bestehen nach Überzeugung des Gerichts Zweifel an deren Verfassungsmäßigkeit in Form einer Nichtvereinbarkeit mit Art. 16a Abs. 3 GG.
Zwar ist nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Oktober 2024 (– C-406/22 –, juris Rn. 83) Art. 37 der Richtlinie 2013/32/EU dahin auszulegen, dass er der Bestimmung eines Drittstaats als sicherer Herkunftsstaat entgegensteht, wenn Teile seines Hoheitsgebiets die in Anhang I der Richtlinie genannten materiellen Voraussetzungen für eine solche Einstufung nicht erfüllen. [...]
Dass gemessen an diesen Maßstäben der deutsche Gesetzgeber dem ihm bei der Einstufung von Georgien als sicherer Herkunftsstaat durch § 29a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage II zum AsylG zukommenden Entscheidungs- und Wertungsspielraum [...] überschritten hätte, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Denn die Einstufung Georgiens als sicherer Herkunftsstaat erfolgte – anders als in dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall – gerade für das gesamte Staatsgebiet einschließlich der sogenannten abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien (vgl. daher ausdrücklich in einer Anmerkung feststellend, dass das Urteil des Europäischen Gerichtshofes keine Konsequenzen für Deutschland hat: Dörig, NVwZ 2024, 1909, 1915).
Hierbei hat der deutsche Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung (BT-Drs. 20/8629, Seite 10) gerade auch im Hinblick auf diese Gebiete im Wege einer Beurteilung der allgemeinen Situation in Georgien festgestellt, dass der von der Regierung kontrollierte Landesteil verfolgungsfrei ist und die staatlichen Stellen dort allgemein – und nicht lediglich im Sinne einer den Behörden und Gerichten im Einzelfall obliegenden Prüfung (vgl. § 3e AsylG) – effektiven Schutz auch im Hinblick auf die abtrünnigen Gebiete gewähren. Gegen eine Verkennung verfassungs- oder europarechtlicher Maßstäbe spricht insbesondere auch der durch den Gesetzgeber hierbei angestellte Vergleich zu der Einstufung von Zypern als Mitgliedstaat der Europäischen Union zum sicheren Herkunftsstaat durch § 29a Abs. 2 AsylG trotz der dortigen sogenannten Türkischen Republik Zypern. Zypern wurde als Mitgliedstaat der Europäischen Union neben seiner einfachgesetzlichen Einstufung als sicherer Herkunftsstaat i.S.d. Art. 16a Abs. 3 GG durch § 29a Abs. 2 AsylG sogar auch verfassungsunmittelbar durch Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG als sicherer Drittstaat eingestuft. Darüber hinaus haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zuletzt in dem Protokoll (Nr. 24) über die Gewährung von Asyl für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Konsolidierten Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Jahr 2008 erklärt, dass die Mitgliedstaaten füreinander – gerade ohne Ausnahme von und Einschränkungen für das seit 2004 zur Europäischen Union gehörende Zypern – für alle rechtlichen und praktischen Zwecke im Zusammenhang mit Asylangelegenheiten als sichere Herkunftsländer gelten (vgl. hierzu sowie der Folge, dass – anders als bei einfachgesetzlich durch § 29a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG i.V.m. Anlage II zum AsylG sicheren Herkunftsstaat bestimmten Ländern – sowohl die Einstufung zum sicheren Drittstaat nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG als auch die Protokollerklärung der Mitgliedstaaten sogar zur Folge haben, dass keine Wiederlegung der generellen Vermutung im Einzelfall zulässig ist, sondern sich Betroffene nicht auf das Asylgrundrecht berufen können bzw. ihr Asylantrag grundsätzlich nicht berücksichtigt oder zur Bearbeitung zugelassen wird: Heusch, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand: 1 Oktober 2024, § 29a AsylG Rn. 28; Protokoll veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union C 115/1 vom 9. Mai 2008, S. 305 f.).
2. Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Entscheidung des Bundesamts, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hat. [...]
aa. Selbst wenn man die Homosexualität des Antragstellers an sich als wahr unterstellt, hat der Antragsteller eine Verfolgung durch seine ehemaligen Arbeitgeber, fundamentale orthodoxe Restaurantbesitzer in ..., aufgrund seiner sexuellen Prägung bereits nicht schlüssig dargelegt. Der Antragsteller schließt insoweit auf eine Bedrohungslage aus einer mitgeteilten Ansicht dieser Restaurantbesitzer, homosexuelle Menschen seien aufs Brutalste zu bestrafen (Bl. 111 d. BA. ...-430), wobei vollkommen unklar bleibt, wann und auf welche Art und Weise der Antragsteller die Kenntnis von dieser Einstellung erhalten haben will. Ein eigenes Gespräch mit den Arbeitgebern in Hinblick auf seine Homosexualität oder die Ansicht der Arbeitgeber zur Homosexualität im Allgemeinen hat der Antragsteller im Rahmen seiner Anhörung durch das Bundesamt weder im allgemeinen Vortrag noch auf konkrete Nachfrage berichtet. [...]
Davon unabhängig und selbstständig tragend wäre er jedenfalls auf die Inanspruchnahme internen Schutzes zu verweisen, da er in einem Teil seines Herkunftslands keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Dies ist für I. der Fall. Der Kläger hat nach eigenem Bekunden in den Jahren 2013 bis 2021 in I. gelebt und dort seinen Lebensunterhalt erwirtschaften können. Der Antragsteller hat mit Ausnahme des Überfalls auf die ... im Jahr 2021 keinerlei Probleme während seines achtjährigen Aufenthaltes in ... mitgeteilt, obwohl er nach eigener Darstellung als Homosexueller identifizierbar war (Bl. 113 d. BA. ...-430). Anhaltspunkte dafür, dass seine letzten Arbeitgeber den Antragsteller im über dreihundert Kilometer entfernten I. verfolgen könnten oder wollten, sind nicht erkennbar. [...]
b. Dem Antragsteller steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Hinblick auf eine Gruppenverfolgung von Homosexuellen in Georgien zu. [...]
Unter Ausschöpfung der dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel ist das Gericht der Überzeugung, dass eine solche Gruppen-Verfolgung Homosexueller in Georgien derzeit nicht anzunehmen ist (vgl. auch VG Hannover, Urteil vom 18. Februar 2015 – 1 A 109/13 –, juris; VG Ansbach, Urteil vom 15. Januar 2018 – AN 4 K 17.33046 –, juris; VG Trier, Urteil vom 22. Juni 2018 – 1 K 1063.TR –, juris; VG Dresden, Urteil vom 23. Januar 2019 – Az. 7 K 5601/17.A –, juris; VG Dresden, Urteil vom 22. Oktober 2019 – 7 K 5924/17.A –, juris; VG Bayreuth, Urteil vom 23. April 2019 – B 1 K 17.32627 –, juris; VG Bayreuth, Urteil vom 22. Juni 2021 – B 1 K 21.30369 –, juris; VG Hamburg, Urteil vom 17. September 2020 – 17 A 5630/19 –, juris; VG Potsdam, Urteil vom 27. Mai 2021 – 2 3028/18.A –, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 9. November 2021 – A 13 K 4977/18 –, juris; VG Dresden, Urteil vom 24. Mai 2022 – 7 K 1997/20.A –, juris; VG Greifswald, Urteil vom 12. Oktober 2022 – 6 A 898/20 HGW –, juris; VG Trier, Urteil vom 18. Juni 2024 – 7 K 683/24.TR –, juris; a.A. in stetiger Rpsr: VG Berlin, zuletzt Urteil vom 1. April 2022 – 38 K 467/20 A –, juris; zu dieser Rspr. die Berufung nicht zulassend: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. August 2020 – OVG 12 N 8/2 –, abrufbar unter: www.lsvd.de/media/doc/1518/georgien_ovg_berlin_beschluss_v.__17.08.2020_12_n_110_20.pdf; VG Meiningen, Urteil vom 13. November 2023 – 2 K 1355/22 Me –, juris; die Berufung wegen dieser divergierenden Rspr. zulassend: Sächs. OVG, Beschluss vom 15. März 2024 – 2 A 415/22.A –, juris).
Dies gilt sowohl im Hinblick auf eine Verfolgung Homosexueller durch Akteure i.S.v. § 3c Nr. 1 und 2 AsylG (aa.) als auch im Hinblick auf eine Verfolgung Homosexueller durch nichtstaatliche Akteure i.S.v. § 3c Nr. 3 AsylG (bb.).
aa. Eine Gruppenverfolgung geht zunächst nicht unmittelbar vom Staat bzw. von Parteien oder Organisationen i.S.v. § 3c Nr. 1 und 2 AsylG aus.
Aus gesetzlicher Sicht sind gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen in Georgien nicht kriminalisiert (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Georgien vom 7. Februar 2025, S. 36 f.).
Zudem verfügt Georgien über eine gute und umfassende Gesetzgebung zum Schutz Homosexueller. [...]
Benachteiligungen, Anfeindungen, Belästigungen und Gewalthandlungen gegenüber LGBTIQ-Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Genderidentität im gesellschaftlichen Umfeld, die vereinzelt auftreten können, gehen aber sehr selten von staatlichen Akteuren, sondern vorrangig von privaten Einzelpersonen und Gruppen aus (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderkurzinformation – Georgien, SOGI (Sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität): Situation von LGBTIQ-Personen, Stand: Februar 2025, S. 3).
Auf Grundlage dieser Erkenntnisse kann von einer Gruppenverfolgung Homosexueller unmittelbar durch den Staat bzw. Parteien oder Organisationen i.S.v. § 3c Nr. 1 und 2 AsylG in Georgien noch nicht ausgegangen werden und wird eine solche von dem Antragsteller auch selbst nicht vorgetragen. Das zunehmend homophobe Ansichten auch in die Politik Einzug halten und in Teilen Niederschlag in der Gesetzgebung gefunden haben, ist zwar besorgniserregend. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind Homosexuelle aber durch den vorstehend beschriebenen, weiterhin bestehenden Rechtsrahmen zum Schutz Homosexueller noch ausreichend geschützt und erreichen auch der von der Regierung zunehmend geführte Anti-LGBTQI+-Diskurs sowie die hierzu schon umgesetzte Gesetzgebung wie das Gesetz zum "Schutz von Familienwerten und Minderjährigen" noch nicht das Gewicht eines staatlichen Verfolgungsprogramms gegen Homosexuelle. [...]
bb. Auch geht eine Gruppenverfolgung Homosexueller nicht von nichtstaatlichen Akteuren i.S.v. § 3c Nr. 3 AsylG aus. So liegen nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln bereits keine hinreichenden Anhaltspunkte für in ihrer Qualität und Quantität § 3a Abs. 1 und 2 AsylG entsprechende Verfolgungshandlungen durch nichtstaatliche Akteure vor (aaa.). Darüber hinaus sind staatliche Stellen i.S.v. §§ 3c Nr. 3, 3d AsylG jedenfalls nicht erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens, Schutz vor Verfolgung zu bieten (bbb.).
aaa. Für die Annahme einer Gruppenverfolgung Homosexueller fehlt es nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln in qualitativer und quantitativer Hinsicht an hinreichenden Anhaltspunkten für Verfolgungshandlungen i.S.v. § 3a Abs. 1 und 2 AsylG.
Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln bleibt die Situation von LGBTQI+-Personen sehr schwierig, auch wenn sie rechtlich nicht benachteiligt sind. Im gesellschaftlichen und beruflichen Leben (z.B. Arbeit, Familie, Gesundheit) begegnen LGBTQI+-Personen einer erheblichen ablehnenden Einstellung, angefacht auch durch die Georgisch-Orthodoxe Kirche. Sie müssen mit ungleicher Behandlung und Anfeindungen bis hin zu physischen Übergriffen rechnen. Angehörige sexueller Minderheiten sind deshalb oft gezwungen, ihre sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität zu verbergen [...].
Nach dem Vorstehenden ist nicht davon auszugehen, dass die gesellschaftliche Lage jedenfalls für Homosexuelle in Georgien das für eine Gruppenverfolgung im tatbestandlichen Sinne notwendige Maß erreicht. Wenngleich das Risiko für Diskriminierung und Übergriffe auch physischer Natur bestehen mag, ist nicht erkennbar, dass in quantitativer und qualitativer Hinsicht ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit besteht. Die kriminalpolizeiliche Statistik dokumentiert eine vergleichsweise geringe Anzahl von Straftaten mit LGBTQI+-Bezug. Auch wenn man davon ausgeht, dass eine Dunkelziffer nicht erfasster Fälle besteht, ist nicht davon auszugehen, dass unter Berücksichtigung einer solchen Dunkelziffer eine für die Annahme einer Gruppenverfolgung ausreichende Anzahl beachtlicher Übergriffe erreicht wird. Hinzu kommt, dass sich ausweislich der vorstehenden Erkenntnismittel Übergriffe insbesondere – wenngleich nicht ausschließlich – im Zusammenhang mit Veranstaltungen und im häuslichen Umfeld ereignen und Übergriffe in der Öffentlichkeit vor allem verbaler Natur sind und dabei verstärkt auf Transgenderpersonen gerichtet sind.
In der Gesamtschau und Abwägung aller Umstände ist auch nicht davon auszugehen, dass Homosexuelle in Georgien insgesamt einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK ausgesetzt sind. Dabei wird nicht verkannt, dass eine homophobe Grundhaltung in Georgien weit verbreitet ist und in vielen Bereichen des täglichen Lebens zu Diskriminierungen, Anfeindungen und ggf. körperlichen Übergriffen führen kann. Dass diese aber dazu führen, dass Homosexuelle von der Teilhabe an der zur Sicherung eines menschenwürdigen Lebens notwendigen Einrichtungen und Dienstleistungen und einer generellen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in erniedrigender Weise abgeschnitten werden oder ein gesellschaftliches Klima besteht, das bei Homosexuellen grundsätzlich und zu jeder Zeit psychische Leiden verursacht bzw. in entwürdigender Weise Ängste, seelische Qualen oder das Gefühl von Minderwertigkeit auslöst (vgl. EGMR, Urteil vom 12. Mai 2015 – 73235/12 –, Identoba u.a./Georgia, Rn. 65), kann nicht erkannt werden.
bbb. Unabhängig davon und selbstständig rechtlich tragend ist festzustellen, dass staatliche Stellen i.S.v. §§ 3c Nr. 3, 3d AsylG jedenfalls nicht erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens wären, Schutz vor Verfolgung zu bieten. [...]