Abschiebungshaftvollzug in der Haftanstalt Erding nicht europarechtskonform:
Die Bedingungen in der Abschiebehafteinrichtung Erding, zweimal im Monat eine Stunde Besuchszeit mit der Verlängerungsoption auf vier Stunden und Aufschlusszeiten von 9.00 bis 11.00 Uhr und 14.00 bis 19.00 Uhr waren im maßgeblichen Zeitraum (2021) mit Art. 16 RL 2008/115/EG nicht vereinbar und damit rechtswidrig.
(Leitsätze der Redaktion; siehe auch: Haftbedingungen in der Abschiebehafteinrichtung Eichstätt: LG Ingolstadt, Beschluss vom 11.12.2024 - 24 T 477/24 p - asyl.net: M32938)
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Der Betroffene rügt zu Recht, dass der Zwang, dem der Betroffene durch die Unterbringung in der Abschiebehafteinrichtung in Erding in dem Zeitraum vom 17.10.2021 bis zum 09.11.2021 ausgesetzt war, nicht auf das Maß beschränkt war, das unbedingt erforderlich ist, um ein wirksames Rückkehrverfahren zu gewährleisten.
Die Haft des Betroffenen wurde in dem in diesem Verfahren maßgeblichen Zeitraum von 17.10.2021 bis zum 09.11.2021 in der Abschiebehafteinrichtung in Erding vollzogen (§ 62 a Abs. 1 AufenthG). Die Unterbringung des Betroffenen in dieser Einrichtung war nach Ansicht der Kammer mit europarechtlichen Vorgaben, insbesondere mit Art. 16 der RL 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 unter Berücksichtigung des Urteils des EuGH vom 10.03.2022, Az. C-519/20, nicht vereinbar und damit rechtswidrig. [...]
Seitens der JVA Erding wurde mit Schreiben vom 07.08.2025 zur Unterbringung des Betroffenen in der Einrichtung für Abschiebehaft Erding im Zeitraum von 16. bis 26.10.2021 Stellung genommen. U.a. wird ausgeführt, dass für die Abschiebungsgefangenen erweiterte Möglichkeiten zum Besuchsempfang bestanden und in dem maßgeblichen Zeitraum grundsätzlich zweimal eine Stunde pro Monat Besuch gewährt wurde; die Besuchszeit wurde in begründeten Einzelfällen, insbesondere bei einer weiten Anreise oder familiären Problemen auf bis zu vier Stunden erweitert. Die Aufschlusszeiten der Gefangenen reichten im maßgeblichen Zeitraum von 09.00 Uhr bis 11 .00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr.
Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 26.03.2024, XIII ZB 85/22, betreffend die Einrichtung für Abschiebungshaft Hof entschieden, dass die Unterbringung rechtswidrig war. In den Gründen wird u.a. folgendes ausgeführt: "Die Ausgestaltung der in der AHE-Hof geltenden Haftbedingungen war im hier maßgeblichen Zeitraum im Hinblick auf die Besuchs- und Einschlusszeiten nicht auf das Maß beschränkt, das unbedingt erforderlich ist, um ein wirksames Rückkehrverfahren zu gewährleisten. Denn jedenfalls die vom LG festgestellten Einschränkungen beim Besuch, der sich auf vier Stunden im Monat beschränkte, und die festgestellten Einschlusszeiten von 19.00 Uhr am Abend bis 09.00 Uhr am Morgen, mithin 14 Stunden, gingen über das nach obigen Maßgaben unbedingt Erforderliche hinaus ... Auf etwaige weitere Indizien und eine Gesamtabwägung unter Einbeziehung etwa auch der Qualifikation und der Einsatzorte des in der AHE-Hof tätigen Personals - wozu das LG keine Feststellungen getroffen hat - kommt es danach nicht mehr an". Nachdem die Besuchs- und Aufschlusszeiten in dem maßgeblichen Zeitraum in der Abschiebehafteinrichtung Erding sogar noch restriktiver waren, ist festzustellen, dass die Unterbringung des Betroffenen rechtswidrig gewesen ist. [...]