Feststellung eines Abschiebungsverbots hinsichtlich Kolumbiens wegen akuter Suizidalität:
Das subjektive Sicherheitsempfinden der Klägerin ist in Bezug auf Kolumbien wegen der dort erfahrenen Gewalt nachhaltig erschüttert. Im Falle einer Rückkehr nach Kolumbien würden Zustände akuter Suizidalität eintreten. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Klägerin bei einer Rückkehr tatsächlich wieder auf den Verursacher der Gewalt treffen würde.
(Leitsätze der Redaktion)
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Diese von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Berichte alleine erfüllen zwar nicht die gesetzlichen Anforderungen gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG an die Begründung der von der Klägerin vorgetragenen PTBS-Erkrankung, da es sich insoweit nicht um qualifizierte ärztliche Bescheinigungen im Sinne des § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG handelt. Allerdings bestätigen sie im Wesentlichen die Einschätzung des gerichtlich bestellten Sachverständigen ... Der Einwand der Beklagten, dass der Gutachter in seiner Einschätzung von der falschen Prämisse ausgegangen sei, dass die Klägerin in Kolumbien wieder ihrem ehemaligen Lebensgefährten begegnen würde, teilt das Gericht nicht. Denn der Gutachter führt hierzu auf Seite 16 aus:
"Die Situation in Kolumbien würde wahrscheinlich das bisher erreichte innere Sicherheitsempfinden der Probandin erschüttern, da - nach dem klinischen Eindruck aus der Untersuchung und nach fachärztlicher Erfahrung - ihre dortige Situation an äußerer Sicherheit von ihr nicht als ausreichend sicher erfahren werden wird, so dass sich die Erinnerungen und Intrusionen wieder aufdrängen werden und zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands führen werden. Verbunden mit Überflutungserleben durch traumaassoziierte Erinnerungen, sodass es in einer Abwärtsspirale auf eine psychische Dekompensation hinausliefe. Diesen Vorgang kann man als Retraumatisierung beschreiben, ohne dass hiermit das erneute tatsächliche Ausgeliefertsein an neue belastende gewalttätige Situationen gemeint ist, die hier unvorhersehbar sind."
Auch das Gericht hält es insoweit nicht für entscheidungserheblich, ob die Klägerin im Falle einer Rückkehr nach Kolumbien tatsächlich wieder ihrem ehemaligen Lebensgefährten begegnen würde. Wenngleich hierfür der Umstand spricht, dass die Klägerin von ihrem ehemaligen Lebensgefährten sogar in ... wiedergefunden wurde und sich dieser bei ihren Familienmitgliedern nach dem Aufenthaltsort der Klägerin zu erkundigen versucht. Da das subjektive Sicherheitsempfinden der Klägerin in Kolumbien aufgrund ihrer Gewalterfahrungen aber nachhaltig erschüttert ist, teilt das Gericht die Einschätzung des Gutachters, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin im Falle einer Rückkehr nach Kolumbien derart verschlechtern würde, dass Zustände einer akuten Suizidalität erneut eintreten würden. Das Aufdrängen von Erinnerungen und Intrusionen verbunden mit Überflutungserleben durch traumaassoziierte Erinnerungen würde in einer Abwärtsspirale auf eine psychische Dekompensation und damit auf eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin hinauslaufen, welcher hinreichend wahrscheinlich zu einem Zustand akuter Suizidalität führen wird. [...]