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KG Berlin

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Zitieren als:
KG Berlin, Beschluss vom 29.09.2005 - 1 W 249/04 - asyl.net: M7358
https://www.asyl.net/rsdb/m7358
Leitsatz:

Der Identitätsnachweis der Beteiligten bei der Eintragung in das Geburtenbuch muss nicht zwingend durch einen Pass erfolgen.

Schlagwörter: D (A), Personenstandsrecht, Geburtsurkunde, Geburtenbuch, Standesbeamter, in Deutschland geborene Kinder, Name, Identitätszweifel, Identitätsnachweis, fehlende Geburtsurkunde,
Normen: PStV § 25; PStG § 25; ZPO § 438; PStV § 11 Abs. 2;
Auszüge:

Der Identitätsnachweis der Beteiligten bei der Eintragung in das Geburtenbuch muss nicht zwingend durch einen Pass erfolgen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass bei Eintragung in das Geburtenbuch der Identitätsnachweis der Beteiligten anders als durch die Vorlage eines Reisepasses geführt werden kann.

Bei der Eintragung eines Kindes in das Geburtenbuch trifft den Standesbeamten nach § 20 PStG eine Nachprüfungspflicht nur bei Zweifeln an der Richtigkeit der Angaben des Anzeigenden.

Dabei ist zu unterscheiden:

a) Die nach § 58a PStG, § 25 PStV vorzulegenden Personenstandsurkunden bilden nach § 60 PStG in der Regel eine verlässliche Eintragungsgrundlage, so dass der Standesbeamte nur auftretenden Unstimmigkeiten nachzugehen hat, etwa wegen inhaltlicher Abweichungen zwischen den Angaben in der Anzeige und den vorgelegten Urkunden (vgl. Hepting/Gaaz, PStR, § 20 PStG, Rn. 9). Bei nicht verheirateten Eltern genügt gemäß § 25 Satz 1 Nr. 2 PStV zunächst die Vorlage der Geburtsurkunde der Mutter, sind die Zweifel dadurch nicht ausgeräumt, kann der Standesbeamte die Vorlage weiterer Urkunden verlangen, § 25 Satz 3 PStV.

Ausländischen Personenstandsurkunden kommt der besondere Beweiswert nach § 60 PStG zwar nicht zu (vgl. § 46a Abs. 2 PStG). Ihre Beweiskraft richtet sich nach den in § 438 ZPO niedergelegten Grundsätzen (§§ 48 Abs. 2 PStG, 12 FGG; vgl. Jansen, FGG, § 12 FGG, Rn. 29, und EinlBeurkG, Rn. 50; s. a. Hepting/Gaaz, PStG § 66 Rn. 14). Danach können Zweifel an der Echtheit insbesondere durch Legalisation ausgeräumt werden.

b) Die Zweifel des Standesbeamten können sich aber auch auf die Identität der Beteiligten beziehen. Bei der Vorlage von Personenstandsurkunden geht es um die Frage, ob diese den namentlich bezeichneten Personen zuzuordnen sind. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie der Nachweis der Identität zu erfolgen hat.

aa) § 11 Abs. 2 PStV betrifft nur Eheschließung und Heiratsbuch und in diesem Zusammenhang den Nachweis der Staatsangehörigkeit. Mittelbar betrifft er auch die Eintragung im Geburtenbuch, wenn es auf die Staatsangehörigkeit ankommt.

bb) Allgemein ist ein Pass wegen des Lichtbilds, der Registrierung bei der Passbehörde und seiner durch die zeitliche Begrenzung seiner Gültigkeit erzwungenen regelmäßigen Überprüfung ein besonders geeignetes Mittel zum Nachweis der Identität. Seine Vorlage ist erforderlich, wenn Zweifel des Standesbeamten nicht anders behoben werden können. Allerdings existiert entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kein aus dem Gesetz oder der Rechtsprechung ableitbarer Rechtsgrundsatz, dass zum Identitätsnachweis im Bereich des Personenstandswesens stets ein gültiger oder erst kürzlich abgelaufener Reisepass vorzulegen ist, sofern er beschafft werden kann. Steht die Identität bereits anderweitig fest, ist die Vorlage eines Reisepasses entbehrlich. Umgekehrt kann - je nach den Umständen des Einzelfalls - die Nichtvorlage oder Nichtverlängerung eines Reisepasses Zweifel an den Angaben i.S.d. § 20 PStG begründen (vgl. zu den praktischen Möglichkeiten des Standesbeamten bei der Prüfung einer zweifelhaften Identität Jauß, StAZ 2004, 118 ff.; auch Hepting/Gaaz, a.a.O., Rn. 11 ff.).

Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf Entscheidungen des Senats ergibt nichts anderes. Der Beschluss des Senats vom 27. Juni 2000 (StAZ 2000, 303), auf den sich auch das Landgericht bezieht, betrifft die Erteilung eines Ehefähigkeitszeugnisses, für die § 11 Abs. 2 PStV bei Nicht-Deutschen die Vorlage eines Reisepasses ausdrücklich verlangt. Der weiter zitierte Beschluss des Senats vom 9. April 2000 - 1 W 418/01 - betrifft die Berichtigung der Schreibweise eines Namens im Familienbuch nach Maßgabe der lateinischen Schriftzeichen in einem ausländischen Reisepass. Der von der Beschwerdeführerin daraus abgeleitete allgemeine "Passvorrang" bei der Identitätsprüfung im Personenstandswesen findet in der Entscheidung keine Stütze. Keinesfalls steht es im Belieben der Beteiligten, wie sie ihre Identität nachweisen, die Anforderungen setzt vielmehr pflichtgemäß nach Maßgabe des Einzelfalls der Standesbeamte fest. Danach verbleibende Zweifel können im Berichtigungsverfahren überprüft werden.