Staatenlose sind Personen, die von keinem Staat als Staatsangehörige angesehen werden. Zum 31. Dezember 2023 waren in Deutschland 29.495 Menschen als Staatenlose im Ausländerzentralregister erfasst. Hinzu kamen 96.260 Personen, die in der Kategorie "Staatsangehörigkeit ungeklärt/ohne Angabe" in der Statistik erfasst waren (Quelle: destatis.de/Genesis-online). Bei diesen Personen ist also (noch) offen, ob und gegegebenenfalls welche Staatsangehörigkeit sie besitzen. Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit müssen damit rechnen, dass die Ausländerbehörde sie dazu auffordert, Kontakt zu den Auslandsvertretungen aller infrage kommender Staaten (dessen Staatsangehörigkeit sie möglicherweise besitzen können) aufzunehmen und dort Bestätigungen über den (Nicht-)Besitz der jeweiligen Staatsangehörigkeit einzuholen.
Staatenlosigkeit kann vor allem deshalb zum Problem werden, weil viele Rechte aus der Staatsangehörigkeit resultieren und mit ihr verbunden sind. Laut Art. 15 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hat jeder Mensch das Recht auf eine Staatsangehörigkeit. Deshalb gilt die Vermeidung und Beseitigung von Staatenlosigkeit als erstrebenswertes Ziel im internationalen Recht und es wurden mehrere völkerrechtliche Übereinkommen gegen Staatenlosigkeit unterschrieben. Die wichtigsten sind das Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen von 1954 (StaatenlÜbk), das Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit von 1961 (StaatenlVermÜbk) sowie das Übereinkommen zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit von 1973 (StaatenlVerrÜbk). Diese Abkommen hat die Bundesrepublik ratifiziert und mit dem 1977 beschlossenen und zuletzt 1999 geänderten Gesetz zur Verminderung der Staatenlosigkeit (StaatenlMindÜbkG) in nationales Recht umgesetzt.
Aus den oben genannten internationalen Abkommen ergibt sich die Pflicht zur Gleichstellung staatenloser mit anderen ausländischen Personen. Art. 28 S. 1 StaatenlÜbk sieht die Erteilung von Reiseausweise für Staatenlose durch den Staat, in dem sie einen rechtmäßigen Aufenthalt haben, vor. Mangels Definition im StaatenlÜbk bestimmt sich die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nach nationalem Recht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1990, Az. 1 C 15.88) reicht aber nicht jede rechtmäßige Anwesenheit aus, vielmehr muss eine gewisse Aufenthaltsverfestigung vorliegen. Dies kann jedoch auch bei Vorliegen eines befristeten Aufenthaltstitels der Fall sein. Ohne rechtmäßigen Aufenthalt besteht zwar kein Anspruch auf Erteilung eines Reiseausweises, jedoch soll die Ausländerbehörde gemäß Art. 28 S. 2 StaatenlÜbk „wohlwollend“ und damit nach eingeschränktem Ermessen prüfen, ob sie der betroffenen Person dennoch einen Reiseausweis ausstellt. Zum 28. Februar 2023 hatten nach Angaben der Bundesregierung etwa 7.900 der seinerzeit 29.614 als staatenlos registrierten Person in Deutschland einen Reiseausweis für Staatenlose (Quelle: mediendienst-integration.de).
Anders als bei der Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gibt es in Deutschland kein festgelegtes Verfahren zur Feststellung der Staatenlosigkeit. Die Ausländerbehörde kann jedoch die Staatenlosigkeit im Zuge der Entscheidung über einen Antrag auf Ausstellung eines Reiseausweises für Staatenlose feststellen. Dabei ist die Feststellung der Staatenlosigkeit jedoch an die abschließende Klärung der Identität der Person geknüpft. Dies führt dazu, dass Personen, die als staatenlos anerkannt werden möchten, bei der Auslandsvertretung ihrer (möglichen) Herkunftsländer um eine Bestätigung der Staatsangehörigkeit bitten müssen. Wird eine solche nicht ausgestellt, ist von Staatenlosigkeit auszugehen.
Wenn die Ausländerbehörde die Staatenlosigkeit festgestellt hat, kann eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen (§ 25 Abs. 5 AufenthG) erteilt werden, wenn die Staatenlosigkeit ein dauerhaftes Abschiebungshindernis darstellt.
In Art. 38 StaatenlÜbk verpflichten sich die unterzeichnenden Staaten, für Staatenlose die Einbürgerung zu erleichtern und zu beschleunigen. In Deutschland können staatenlose Personen deshalb im Rahmen der Ermessenseinbürgerung bereits nach einem rechtmäßigen Aufenthalt von fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts eingebürgert werden. In Deutschland geborene Kinder staatenloser Eltern haben nach Art. 2 StaatenlMindÜbkG (externer Link zu buzer.de) einen besonderen Einbürgerungsanspruch, der nicht verwehrt werden darf, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
Stand Juli 2024
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