Betreten und Durchsuchung von Wohnungen

Die in Artikel 13 GG garantierte Unverletzlichkeit der Wohnung erstreckt sich auch auf privat genutzte Wohn- und Schlafzimmer in Unterkünften für Geflüchtete, nicht aber auf gemeinschaftlich genutzte Räume. Das gilt auch dann, wenn mehrere Personen sich ein Zimmer teilen. Dieses Grundrecht schützt die Privat- und Intimsphäre der Bewohner*innen, weshalb es unerheblich ist, ob die*der Eigentümer*in (Vermieter*in oder Betreiber*in der Unterkunft) einverstanden ist.

Das heißt, dass ein Betreten des Zimmers durch Dritte nur mit aus freien Stücken erteiltem Einverständnis der betroffenen Bewohner*innen erlaubt ist. Ausnahmen gibt es in den Fällen, in denen eine gesetzliche Grundlage (also ein durch Bundes- oder Landesparlament beschlossenes Gesetz – die Hausordnung einer Einrichtung reicht hierfür nicht aus) für ein Betreten der Wohnung vorliegt (s. dazu unten), wenn ein Durchsuchungsbeschluss vorliegt, oder bei Gefahr im Verzug. Wenn es um die Durchführung einer Abschiebung geht, kann die Durchführung einer Durchsuchung nicht mit Gefahr im Verzug begründet werden, da Abschiebungen immer mit zeitlichem Vorlauf organisiert werden und somit immer ausreichend Zeit vorhanden ist, um einen Durchsuchungsbeschluss einzuholen.

Zimmerkontrollen durch das Personal der Einrichtung dürfen nicht ohne die Zustimmung und Anwesenheit der im Zimmer untergebrachten Person(en) erfolgen.

Mit § 58 Abs. 5 AufenthG existiert eine gesetzliche Grundlage, die es Behörden erlaubt, Wohnungen zum Zwecke der Durchführung einer Abschiebung zu betreten. Die Unterscheidung zwischen Betreten und Durchsuchen ist, dass bei einem Betreten keine Suchhandlungen in der Wohnung vorgenommen werden. Die genaue Auslegung dieser Unterscheidung in der Praxis ist Gegenstand mehrerer anhängiger Klagen beim Bundesverwaltungsgericht.

Gefahr im Verzug ist dann gegeben, wenn ein drohender Schaden nur durch sofortiges Handeln abgewendet werden kann, und die Einhaltung der sonst geltenden Vorgaben (Einholung eines Durchsuchungsbeschlusses oder des Einverständnisses der Bewohner*innen) aufgrund der Dringlichkeit nicht möglich ist. Gefahr in Verzug wäre beispielsweise anzunehmen, wenn in der Wohnung ein Feuer ausgebrochen, eine Wasserleitung geplatzt ist oder sich eine hilflose Person befindet.

Bei der Beantragung des Durchsuchungsbeschlusses muss die für die Durchführung der Abschiebung zuständige Behörde darlegen, warum die Durchsuchung notwendig ist und keine milderen Mittel zur Durchsetzung der Ausreisepflicht vorliegen. Eine Durchsuchung zum Zwecke der Abschiebung darf während der Nachtzeit (21 bis 6 Uhr) nur dann stattfinden, wenn Tatsachen Vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung der abzuschiebenden Person andernfalls vereitelt werden würde. Die Organisation der Abschiebung ist laut Gesetz keine solche Tatsache, allerdings haben verschiedene Gerichte entschieden, dass Durchsuchungen zur Nachtzeit zulässig sind, wenn die Abschiebung ansonsten aufgrund von (organisatorischen) Umständen, die von den deutschen Behörden nicht beeinflusst werden können, scheitern würde.

Stand: März 2023

Materialien

  • Arbeitshilfe der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen und des Hessischen Flüchtlingsrats zum Thema Abschiebungen aus Flüchtlingsunterkünften
  • Beitrag von Julian Seidl und Verena Veeckman, „Grundrechtsfreie Räume?“ Das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung in Sammelunterkünften für Geflüchtete, Asylmagazin 6/2021, S. 193ff.
  • Beitrag von Benjamin Scholz und David Werdermann: „Wohnung zweiter Klasse? – Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung in Flüchtlingsunterkünften", Asylmagazin 7–8/2022, S. 235ff

Bitte beachten:

Aufgrund vielfältiger Gesetzesänderungen können einzelne Arbeitshilfen in Teilen nicht mehr aktuell sein. Wir bemühen uns, so schnell wie möglich eine aktualisierte Version zu verlinken. Bis dahin bitten wir Sie, auf das Datum der Publikation zu achten und zu überprüfen, ob die Informationen noch korrekt sind.